Nähert man sich Garmisch-Partenkirchen auf der A95 von München, breitet sich an klaren Tagen die beeindruckende Kulisse des Wettersteingebirges vor einem aus. Ein Berg sticht dabei ganz besonders heraus: die 2.628 Meter hohe Alpspitze. Der restliche Wettersteinkamm gerät, je näher man kommt, ins Hintertreffen – schließlich erhebt sich der Berg fast 2.000 Höhenmeter über Garmisch-Partenkirchen.
Alpspitze – auch für Skitourengeher geeignet
Der 2.628 Meter hohe Gipfel verbindet keine wirklichen alpinistischen Superlativen – doch allein die Ästhetik des winterlich verschneiten Berges lässt Skitourengeher ins Schwärmen geraten. Während sich im Hintergrund die dunkle Mauer des Wettersteinkamms aufbaut, glänzt im Vordergrund die ebenmäßige, weiß glänzende Ostflanke und das schattige Dreieck der diagonal geschichteten Nordwand. Auch wenn die Alpspitze auf den ersten Blick nicht unbedingt als klassischer Skitourenberg erscheint – der Andrang zeigt es doch!
Franz Mösbauer
Der Normalweg verläuft – sommers wie winters – am Bernadeinkopf vorbei über die Ostflanke. Es gibt jedoch weitere Anstiege auf die Alpspitze, die auch anspruchsvollere Skialpinisten ansprechen. Je nach Verhältnissen kommen hier neben Tourenski und Fellen auch Steigeisen und Pickel zum Einsatz.
Ob die unmittelbare Nähe zum Skigebiet rund um die Alpspitzbahn ein Vor- oder Nachteil ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Eines ist aber sicher:
Das Panorama vom Gipfel ist überwältigend!
Doch so schön der Anblick auch ist, er darf nicht von den realen Gefahren ablenken, die im winterlichen alpinen Gelände lauern können.
Faktor Lawinengefahr
Während der benachbarte Stuiben- und Bernadeinkopf verhältnismäßig sichere Skitouren darstellen, ist die Alpspitze deutlich selektiver. Die Lawinengefahr muss für eine Tour auf diesen Berg einfach passen! Ein Lawinenabgang im Oberkar dürfte trotz Airbag und Co. äußerst unangenehm im annähernd freien Fall über die Schöngänge enden.
Um auf die Alpspitze zu gelangen, kommt man, bis auf die Ferrata, immer am – beziehungsweise in der Nähe – des Bernadeinliftes vorbei. Die nachfolgenden Beschreibungen starten daher hier. Für besonders fleißige Skitourengeher beschreiben wir aber zunächst auch noch den Talsaufstieg von der Hausbergbahn, der die Alpspitze in eine konditionell anspruchsvolle 2.000 Höhenmeter-Tour verwandelt.
Aufstieg von der Hausbergbahn
Arnold Zimprich
Um ein ganztägiges, sicheres Nebeneinander von abfahrenden und aufsteigenden Skitouristen zu ermöglichen, wurde vor einigen Jahren in Garmisch der Skitourenweg von der Talstation der Hausbergbahn zur Hochalm eingerichtet. Ab dort sind es nur noch etwa 120 Höhenmeter bis zum kleinen Sattel bei der Bergwachthütte, von dem aus man rund 350 Höhenmeter zur Talstation des Bernadeinlifts abfährt.
Alternativ werden bislang auch Frühaufsteher geduldet, die deutlich vor 8 Uhr starten, um etwa über die Kandahar-Abfahrt der Damen (Nr. 4) den Aufstieg bis zur Tröglhütte zu verkürzen. Anschließend wird dann wieder auf den offiziellen Skitourenweg eingebogen.
Alle Liftbenützer steigen an der Osterfelderbahn aus und genießen schon mal die erste Abfahrt bis zur Talstation des Bernadeinlifts. Infos zum Tourengehen inkl. eines Pistenplans im Skigebiet Garmisch-Classic finden sich auf der Website der Zugspitzbahn.
Daten zum Skitourenweg (bis zur Bergwachthütte):
- Höhenmeter: 1.200
- Zeit: drei Stunden (ab Talstation Hausbergbahn)
- Hinweis: Unbedingt die Hinweise für Tourengeher auf der Website der Zugspitzbahn (Link siehe oben) beachten!
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Normalweg über den Bernadeinkopf und die Ostflanke
Start für diese Beschreibung ist die Talstation des Bernadein-Schlepplifts. Kurz vor der Talstation zweigt rechts der Weg Richtung Stuibenhütte ab. Also nichts wie anlegen und los geht’s!
Arnold Zimprich
Entlang des Sommerwegs geht es zunächst bis zum Abzweig zum Bernadeinkopf, der nach Neuschneefällen meist recht schnell eingespurt ist. Der Weiterweg zum Bernadeinkopf hängt stark von der Schneelage ab und führt in Kehren durch den lichter werdenden Bergwald. Kurz unterhalb des Bernadeinkopfs, der eine gute Alternative bei unsicheren Verhältnissen darstellt, wird eine erste Steilstufe überwunden. Hier, auf rund 2.100 Meter Seehöhe, beginnt die Querung ins Oberkar.
Durch das Oberkar zum Skidepot
Da das Kar gerne mal eingeblasen ist, sollten die Verhältnisse passen. Nach der Querung des Oberkars geht es – zunehmend steil – nach links zum Beginn des Ostgrats. Hier werden die Ski geparkt – und das Panorama betrachtet. Das Reintal liegt tief unten und zieht die Blicke magisch auf sich, genau wie die beeindruckenden Nordabbrüche des Hochwanner.
Meist stapfend – mit kurzen, leichten Klettersteigpassagen – wird kurzweilig das erste Stück des Aufstiegs überwunden. Anschließend gelangt man in die Gipfelflanke, die sich – je nach Schnee- und Spurlage – ganz schön in die Länge ziehen kann. Steht man letztlich am Gipfelkreuz, kann endlich der beeindruckende Tiefblick ins Loisachtal genossen werden!
Abstieg und Abfahrt erfolgen entlang des Aufstiegs. Entweder man meistert den Gegenanstieg am Bernadeinlift zu Fuß – oder nimmt den Lift. Un- oder Kurzentschlossene, die kein Tourengeherticket besitzen, können für rund fünf Euro am Lift noch ein Ticket für die Auffahrt erwerben. Danach folgt die finale Abfahrt über die Garmisch Classic-Pisten zurück ins Tal.
Alle Daten zur Tour:
- Höhenmeter: 1.150 (ab Talstation Bernadein) + 350 (Gegenanstieg Bernadein auf dem Rückweg)
- Zeit: drei Stunden (nur Aufstieg ab Talstation Bernadein)
- Schwierigkeit: einfache Klettersteigeinlagen oberhalb des Skidepots, trotzdem Trittsicherheit notwendig!
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Aufstiegsvariante Schöngänge
Passen die Verhältnisse und das persönliche Können, kann der Anstieg ins Oberkar über die Schöngänge verkürzt (und gewürzt) werden.
Der steilere Anstieg westlich der Bernadeinwände geht anfangs noch mit Ski – diese nehmen aber recht schnell ihren Platz am Rucksack ein. Über Steilstufen, die – sofern nicht im Schnee versteckt – mit einem Drahtseil gesichert sind, wird rechtshaltend ein Schneeband erreicht. Diesem folgt man links aufwärts weiter Richtung Bernadeinkopf und zum Normalanstieg. Für diese Variante sollten zu Hause unbedingt Steigeisen und evtl. ein Leichtpickel eingepackt werden!
Daten zur Aufstiegsvariante:
- Höhenmeter: 930 (ab Talstation Hochalm)
- Zeit: ca. zweieinhalb bis drei Stunden
- Schwierigkeit: maximal 40 Grad, Klettersteigpassagen
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Aufstiegsvariante Alpspitz-Ferrata
Obwohl der Anstieg über die Alpspitz-Ferrata durch die Nordwand der schwierigste unter den winterlichen Alpspitz-Anstiegen ist, wird er dennoch regelmäßig begangen und ist für den versierten Skibergsteiger eine interessante Variante, die auch regelmäßig gespurt ist. Zudem hat der Anstieg im Winter den Vorteil, dass der ganze Schotter vom Sommer unter der Schneedecke seinen Winterschlaf hält.
- Lesetipp: Die Alpspitz-Ferrata im Winter
Vom Osterfelderkopf wird ohne größeren Höhenverlust unterhalb des Höllentorkopfes zum Einstieg gequert. Spätestens hier kommen die Skier an den Rucksack und die Steigeisen an die Schuhe. Zu Beginn folgt man einer Rinne, die sich bald etwas zurücklegt. Der eigentliche Steig hält sich nun nach rechts in Richtung des Nordgrats. Alternativ kann auch am Ende der Rinne nach links durch Mulden aufgestiegen werden, bis wieder leicht rechtshaltend über Schneefelder der Nordgrat und die Drahtseile erreicht werden.
Pixabay
In beiden Fällen wird zum Schluss hin dem Nordgrat und der Ferrata gefolgt, bis nach einer etwas ausgesetzteren Passage, sozusagen der „Headwall“, das Gipfelkreuz erreicht wird. Auch für die Ferrata ist die Mitnahme von Steigeisen und Leichtpickel empfehlenswert.
Daten zur Aufstiegsvariante:
- Höhenmeter: 600 (ab Bergstation Alpspitzbahn)
- Zeit: etwa zwei bis drei Stunden
- Schwierigkeiten: maximal 48 Grad, Klettersteigpassagen
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Abfahrt über die Ostflanke
Wer zu faul zum Laufen ist und das entsprechende Skikönnen für steiles und teilweise auch felsdurchsetztes Gelände mitbringt, findet mit der etwa 400 Meter hohen Ostflanke eine perfekte und auch ästhetische Abfahrt. Diese beginnt erstmal gemäßigt, bevor es kurz vor dem Oberkar bis etwa 40 Grad steil wird. Die Schneelage und die Lawinengefahr sollte man hier besonders gut im Auge behalten – die Einfahrt ins Oberkar stellt die Schlüsselstelle der Abfahrt dar. Von einem schmalen Schneeband zwischen den Felsen hindurch bis zu einem weißen, ebenmäßigen Riesenhang habe ich hier schon alles vorgefunden! Im Oberkar angekommen, orientiert man sich wieder an der normalen Abfahrt.
- Steilheit: 35 bis 40 Grad
Abfahrt über die Alpspitz-Ferrata
Wem die Ostflanke immer noch zu flach ist, wird vielleicht mit der Abfahrt durch die Nordwand liebäugeln, die bereits 1976 von Heini Holzer, dem legendären Steilwandfahrer aus Südtirol, erstbefahren wurde.
Die Abfahrt startet an der Schulter – am Beginn des steilen Gipfelaufbaus. Hier beginnt – leicht rechts haltend – ein rund 45 Grad steiles Schneeband, das in den „flacheren“ Mittelteil der Nordwand (das sogenannte „Herz“) übergeht. Oberhalb der Felsabbrüche führt die Querung nach links durch eine Mulde, an deren Ende die finale Rinne beginnt. Je nach Schneelage wartet hier eine zweite Schlüsselstelle, ehe der Wandfuß erreicht wird. Es gibt nach dem Herz übrigens auch noch eine exponiertere Variante, bei der man sich nach rechts (ostwärts) hält.
Franz Mösbauer
Wie bei den meisten Steilabfahrten dieser Liga empfiehlt sich ein vorhergehender Aufstieg, um die Verhältnisse auszukundschaften. Außerdem können die Ski gleich an der Schulter deponiert werden. Häufig trifft man erst im Frühjahr auf die passenden Verhältnisse. Wer sich über mehr Steilabfahrten in der Gegend informieren will, sei als Einstieg die Übersicht von Local Tom Wolny auf der Website des Innsbrucker Kletterzentrums Tivoli empfohlen.
Steilheit: 40 bis 48 Grad
Tourenmöglichkeiten in der Nachbarschaft
Sollte es mit der Alpspitze mal nicht klappen – oder will man einfach nur eine neue Tour in der Umgebung ausprobieren, bieten sich die folgenden vier Optionen an (in der Schwierigkeit aufsteigend!).
1. Stuibenkopf/Mauerschartenkopf
Arnold Zimprich
Wer sich die Alpspitze als Skitour nicht zutraut oder wenn die Verhältnisse im Oberkar nicht optimal passen, findet mit dem Stuibenkopf bzw. dem Mauerschartenkopf ein schönes, aussichtsreiches Ausweichziel. Allerdings nur sehr selten in Kombination mit der hochgelobten Bergeinsamkeit – aufgrund der vergleichsweise leichten Erreichbarkeit ist hier meist etwas mehr los.
Wie bei der Alpspitze quert man von der Talstation des Bernadeinliftes entlang des Sommerwegs bis unter die Stuibenwand. Entlang einer Schneise erreicht man die urige Stuibenhütte, die zu einer Pause einlädt. Sie hat nur im Winter geöffnet. Über die meist freien Hänge wird leicht linkshaltend die Scharte zwischen Gaifkopf und Stuibenkopf erreicht. Nun ostseitig hoch zum Stuibenkopf oder Mauerschartenkopf. Aus dem Sattel zwischen Stuiben- und Mauerschartenkopf bietet sich übrigens auch die etwas steilere Abfahrt nach Nordwesten an.
Alle Daten zur Tour:
- Höhenmeter: 440 (ab Talstation Bernadein); 290 (ab Stuibenhütte)
- Zeit: eineinhalb bis zwei Stunden (ab Talstation Bernadein); 45 Minuten (ab Stuibenhütte)
- Stuibenhütte: Informationen auf der Website der Alpenvereinssektion Garmisch-Partenkirchen
2. Grieskarscharte
Arnold Zimprich
Die Grieskarscharte bietet sich entweder als Ausweichziel oder in Kombination mit der Alpspitze oder dem Stuibenkopf an. Die schattige Lage nördlich des Blassengrats verspricht (mit hoher Wahrscheinlichkeit) Pulvergenuss. Bis auf das letzte Stück zur Scharte gibt es kaum Schwierigkeiten.
Wie beim normalen Aufstieg zur Alpspitze geht es von der Talstation Bernadein erstmal in Richtung Stuibensee. Durch das markante und meist schattige Grieskar gewinnt man stetig an Höhe, wobei hier schon mal der Nacken schmerzen kann – der Anblick der Nordabbrüche des Hochblassen ist überaus beeindruckend. Beim finalen Anstieg zur Scharte kann man dann die Spitzkehrentechnik auspacken – oder sie zumindest trainieren. Die Aussicht von der Scharte hält sich zwar in Grenzen – dafür kann man sich umso mehr auf die Abfahrt in alpinem Ambiente freuen!
Alle Daten zur Tour:
- Höhenmeter: 980 (ab Talstation Bernadein)
- Zeit: etwa zweieinhalb Stunden (ab Talstation Bernadein)
- Schwierigkeiten: Skigelände bis 35 Grad
- Übernachtung: siehe Tour 1
Hinweis: Der Track führt bis knapp unterhalb der Scharte. Der finale Anstieg ist je nach Schneeverhältnissen zu wählen.
3. Hochblassen Nordrinne
Auch wenn ich sie persönlich noch nicht angegangen bin, will ich die Nordrinne am Hochblassen an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Die Rinne zieht aus dem obersten Grieskar steil und eng nach links hoch zum 2.703 Meter hohen Hochblassen. Auch sie wurde 1976 von Heini Holzer erstbefahren. Steilrinnen-Aspiranten sollten hierfür ihre langen Latten zu Hause lassen und lieber die kurzen Ski hervorkramen. Sonst könnte es eng hergehen. Bestimmt ein eindrückliches Erlebnis, allerdings nicht ganz ohne …
Alle Daten zur Tour:
- Höhenmeter: 1.200 (ab Talstation Bernadein)
- Zeit: je nach Verhältnissen dreieinhalb bis vier Stunden
- Schwierigkeiten: Skigelände bis 45 Grad (über 200 Höhenmeter; Angabe lt. H. Holzer)
- Übernachtung: siehe Tour 1
4. Jubiläumsgrat
Nur ganz am Rand – und der Vollständigkeit halber – möchte ich an dieser Stelle noch den Jubiläumsgrat erwähnen. Je nach Betrachtung ist die Alpspitze ein Teil – bzw. der erste oder letzte Gipfel der Gratüberschreitung. Gerade im Winter bietet der Jubiläumsgrat den Vorteil, dass Schotter und Geröll, die im Sommer recht unangenehm sein können, schön festgefroren unter dem Schnee liegen. Je nach Schneeverhältnissen und persönlichem Können ist der Genussfaktor in der kalten Jahreszeit höher als im Sommer. Auch wenn man sich aufgrund der kürzeren Tage sputen sollte – oder es sich in der Biwakschachtel gemütlich einrichtet.
Alle Daten zur Tour:
Die Winterbegehung des Jubiläumsgrats ist ausschließlich gut trainierten und erfahrenen Alpinisten vorbehalten. Deshalb hier die Empfehlung, sich an offiziellen Skitourenführern zu orientieren und das Abenteuer in Begleitung eines erfahrenen Bergführers anzugehen.
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