Arena aus Felsen und Wasser
Türkisblaue Bergseen, schroffe Gipfel und idyllische Lärchenwälder – diese Tour auf der österreichischen Seite des Zugspitzmassivs ist landschaftlich kaum zu toppen. Sie führt mit dem Bike von Ehrwald über die Ehrwalder Alm zum Seebensee und weiter zu Fuß über die Coburger Hütte auf den aussichtsreichen Gipfel des Vorderen Drachenkopfs (2.303 m).
Astrid Därr
Nebelschwaden durchziehen den lichten Lärchenwald. Die kühle Morgenluft wirkt herrlich erfrischend und verjagt die Müdigkeit. Diese können wir uns auf dem ersten, anstrengenden Abschnitt der Tour hinauf zur Ehrwalder Alm ohnehin nicht leisten. In engen Serpentinen windet sich die Asphaltstraße von der Talstation der Ehrwalder Almbahn aufwärts: 500 Höhenmeter mit einer Steigung von bis zu 17%. Nach etwa einer Stunde ist das Steilstück geschafft und wir erreichen die Ehrwalder Alm (1.502 m). An sonnigen Wochenenden ist das Bergrestaurant am südlichen Fuß des Zugspitzmassivs beliebte Einkehr und Ausflugsziel für Familien, Biker und Wanderer. E-Biker finden hier sogar eine Ladestation.
Auffahrt zum Seebensee
Wie eine Arena umgibt die beeindruckende Kulisse zackiger Felsgrate und Kalksteingipfel des Wettersteingebirges im Norden und der Mieminger Kette im Süden das Almgelände mit den im Sommer wenig attraktiven Skiliften. Rundum rufen unzählige aussichtsreiche Gipfel über 2.000 Metern geradezu danach, erklommen zu werden. Wir radeln auf einer Schotterstraße weiter durch ruhigen Bergwald in Richtung Seebenalm. Gelegentlich erhaschen wir einen Blick auf die Felswände des Vorderen Tajakopf (2.450 m), der sich südlich der Strecke erhebt.
Astrid Därr
Astrid Därr
Je näher wir dem Seebensee rücken, desto spektakulärer zeigt sich die Landschaft: Lärchen und Latschen säumen die Hänge unterhalb schroffer Felswände und -gipfel. Am türkisblauen Seebensee (1.657 m) – nach etwa 1.45 Stunden Auffahrt mit Fotopausen – befinden wir uns endgültig in einer alpinen Traumkulisse. Wir umrunden den See bis zur Materialseilbahn der Coburger Hütte und deponieren dort unsere Räder. Beim Blick nach links oben entdecken wir einige Kletterer an der Tajakante – ein markanter Grat, der zum Vorderen Tajakopf hinaufführt. Der gut versicherte Klettersteig zählt zu den landschaftlich schönsten in Österreich, erfordert aber wegen seiner Länge und Schwierigkeit (C/D) entsprechende Kraft und Erfahrung.
Astrid Därr
Aufstieg zum Vorderen Drachenkopf
Nun heißt es Radschuhe gegen Bergstiefel tauschen und weiter geht´s in vielen Kehren bergauf zur Coburger Hütte (1.917 m). Direkt unterhalb der Hütte liegt der Drachensee in einem kreisrunden Kessel, über dem sich Grünstein, Vorderer und Hinterer Drachenkopf, sowie Vorderer und Hinterer Tajakopf erheben. Die imposante, pyramidenförmige Sonnenspitze (2.417 m) ragt nördlich über dem Seebensee auf, der wie ein Postkartenmotiv unter uns liegt. Inzwischen haben sich die Nebelschwaden aufgelöst und die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel – nichts wie rauf zum Gipfel!
Astrid Därr
Astrid Därr
Der schmale Geröllpfad führt in einem Bogen nördlich um den Drachenkopf herum, dann queren wir einen langen Schotterhang auf der Westseite. Auf einem steilen Steig kraxeln wir auf dem Südgrat weiter in Richtung Gipfel. An einigen ausgesetzten Passagen und Blöcken müssen wir die Hände benutzen. Nach der schweißtreibenden Auffahrt mit dem Mountainbike sind bei dieser alpinen Bergtour (etwa 1,5 Stunden Gehzeit ab der Coburger Hütte) noch mal Kraftreserven gefragt. Doch ganz oben werden unsere Mühen mehr als belohnt: Der Ausblick über die beiden Seen zum Zugspitzmassiv und auf die zentrale Mieminger Kette ist atemberaubend.
Astrid Därr
Am liebsten würden wir bis zum nächsten Morgen auf dem Gipfel sitzen bleiben. Da es langsam spät wird, steigen wir jedoch zügig auf demselben Weg zu unseren Bikes ab. Bei einem kurzen Stopp am Seebensee blicken wir zurück und werden von einer grandiosen Lichtshow überrascht: Wie ein gigantischer Scheinwerfer wirft die hinter den Bergen abgetauchte Sonne einen spektakulären Lichtkegel in den Himmel – was für ein Abschluss eines perfekten Bike & Hike-Tages.
Astrid Därr
Alle Daten zum Vorderen Drachenkopf:
Ausgangspunkt: Ehrwalder Almbahn (1.100 m)
Auffahrt: 11 km, 740 Hm, ca. 2 Std. bis zur Materialseilbahn der Coburger Hütte, maximale Steigung ca. 17%
Aufstieg zum Vorderen Drachenkopf: 630 Hm, ca. 2.15 Std.
Abfahrt: wie Auffahrt, ca. 1,5 Std.
Gesamt: 1.370 Hm, 7 Std., ca. 22 km
Anreise: Mit der Bahn nach Garmisch-Partenkirchen und weiter nach Ehrwald in Tirol. Von Ehrwald fährt ein Bus zur Station der Ehrwalder Almbahn (ca. 3 km). Mit dem Auto auf der A95 nach Garmisch und weiter bis Ehrwald (ca. 110 km ab München-Zentrum).
Ausrüstung: Für den Steig auf den Vorderen Drachenkopf sollte man feste Bergschuhe in den Radrucksack packen (oder mit diesen radeln). Ein Kletterhelm schützt auf der Gipfelpassage vor Steinschlag. Man kann die nicht benötigte Ausrüstung (z.B. Radklamotten) an der Materialseilbahn der Coburger Hütte deponieren. Für den Tajakanten-Klettersteig (vgl. „Alternative Touren“) gehören zusätzlich ein Klettergurt, Klettersteigset und Handschuhe ins Gepäck. Evtl. Badesachen für den Seebensee.
Unterkunft und Einkehr: Coburger Hütte (1.917 m), geöffnet Juni bis Anfang Oktober, Tel. +43 664/3254714
Ehrwalder Alm, geöffnet Mitte Dezember bis Mitte April und Ende Mai bis Mitte Oktober, mittwochs Ruhetag, Tel. +43 5673/21255
Karte: Alpenvereinskarte 1:25.000, Blatt 4/2 Wetterstein und Mieminger Geb. Mitte; Mayr Wander-, Rad- und MTB-Karte 1:25.000 »Tiroler Zugspitzarena«
Alternative Touren: Wer etwas mehr Nervenkitzel sucht, kann vom Seebensee auch den relativ anspruchsvollen, landschaftlich wunderschönen Tajakanten-Klettersteig (Schwierigkeit D/E, 580 Hm) in Angriff nehmen.