Mitentscheidend für den Einsatzbereich von Trailrunning- und Straßenlaufschuhen ist die Dämpfung. Sie hat zum einen Auswirkungen auf das Laufverhalten eines Schuhs, zum anderen hängt auch der Komfort des Schuhs davon ab.
Dämpfung bei Laufschuhen: warum eigentlich?
Wenn Laufschuhe Dämpfung besitzen, bedeutet das nichts anderes als Gel- oder EVA-Kunststoffpolster, die die Schuhe an stark beanspruchten Stellen wie der Ferse abfedern und so Deine Füße schonen sollen. Beim Thema Dämpfung werden Läufer schnell emotional – die einen können (oder wollen) nicht ohne, die anderen schwören auf Barfußschuhe mit wenig oder gar keiner Dämpfung.
Bergzeit
Um diese Diskrepanz zu verstehen, müssen wir ein wenig in die Laufschuh-Geschichte eintauchen. Stark gedämpfte Schuhe sind ein Stück weit das Ergebnis jahrelangen Marketings. Hersteller wie Nike boten bereits in den 1980er-Jahren gedämpfte Schuhe wie den Air Max an. Nike ist einer jener Hersteller, die Dämpfungssyteme erst so richtig populär gemacht haben.
Ein stärker gedämpfter Laufschuh lässt sich schlicht besser vermarkten und als fuß- und gelenkschonend darstellen, was er aber nur unter bestimmten Voraussetzungen ist. Damals wie heute dient zudem die auffälligere Optik als Verkaufsanreiz. Im Laufe der Jahre haben wir uns an aufwändig gestaltete, stark gedämpfte Laufschuhe gewöhnt. Dämpfung ist jedoch kein unumstrittenes Thema, denn hier prallen die Marketingwelt und die tatsächlichen Bedürfnisse des Sportlers aufeinander.
Der richtige Einsatzbereich: Dämpfung & Untergrund
Laufen auf Asphalt
Je nach Trainingszustand empfiehlt es sich, auf Asphalt einen etwas besser gedämpften Laufschuh zu wählen – speziell dann, wenn Du auch längere Trainingseinheiten auf hartem Untergrund planst. Die Belastung des Bewegungsapparates ist bei “Asphaltläufen” in der Regel höher als auf weicheren Untergründen.
Laufen auf Tartan
Wer (außerhalb des Schulsports) auf der Tartanbahn trainiert, plant womöglich ehrgeizige Wettkämpfe. Wenig gedämpfte Laufschuhe sind bei Profiathleten daher auch die Regel, damit die Kraft 1:1 ohne Verluste übertragen werden kann. Für ehrgeizige Hobbyläufer empfehlen sich Modelle, die zumindest minimale Dämpfung bieten.
Laufen auf Schotter
Je nach Trainingszustand gilt hier: Von stark gedämpft bis zu barfuß ist alles möglich. Hier hilft Dir insbesondere die Frage, welche Streckenlängen Du primär läufst. Hast Du einen Ultramarathon im Sinn und trainierst dafür, wählst Du unter Umständen einen stark gedämpften Hoka One One. Drehst Du nur sporadische, kurze Schotterrunden, tut es unter Umständen auch ein Barfußlaufschuh.
Laufen auf Waldboden
Der idealtypische Waldboden ist weich – möchte man meinen. Doch oft wechselt die Beschaffenheit des Bodens im Forst. War er gerade noch angenehm weich, lauern hinter der nächsten Kurve betonharte, ausgetrocknete Abschnitte. Außerdem läuft man ja selten ausschließlich im Wald, sondern auf wechselnden Untergründen. In die Dämpfungs-Wahl sollte der Faktor “Waldlauf” also nur bedingt einfließen. Interessant ist eher die Wahl des Profils – dieses sollte größere Abständen zwischen den Stollen haben, um auf lockerem Waldboden gut zu greifen.
Sylke Verheyen
Laufen auf Sand
Bei Sand gilt im Grunde das gleiche wie bei Waldboden, wobei Du auf Sand in der Regel noch seltener bzw. kürzer läufst als im Wald – es sei denn, Du wohnst am Meer. Theoretisch kannst Du auf Sand auch komplett auf eine Dämpfung der Laufschuhe verzichten. Was das Profil angeht, gilt auch hier: Je weiter die Abstände zwischen den Stollen, desto besser!
Für wen eignen sich gedämpfte Laufschuhe?
Dämpfung für Langstreckenläufer
Auf Trailrunning-Ultraläufen, die zum Teil bis weit über die 100-Kilometer-Marke gehen, müssen Fuß und Schuh einiges wegstecken können. Viele Hersteller begegnen diesem „Problem“ mit stärkerer Dämpfung – auch das ist jedoch letztendlich eine Frage der Laufphilosophie, des Trainingsgrades und anderer individueller Faktoren. Schwören die einen Langstreckenläufer eher auf wenig gedämpfte Schuhe, greifen die anderen tief in die Dämpfungs-Trickkiste. Der französische Hersteller Hoka One One bedient beispielsweise seit Jahren den Markt für Langstrecken-Laufschuhe mit viel Dämpfung – wie beispielsweise mit dem Modell Mafate Speed 3.
Dämpfung bei Vorschädigungen
Läufer mit Vorschädigungen sehen sich oftmals mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Eignen sich Laufschuhe mit Dämpfung bei Knieproblemen?
- Ich habe Hüftprobleme: Sind gedämpfte Laufschuhe sinnvoll?
- Eignen sich Laufschuhe mit Dämpfung bei (Knie)Arthrose?
- Sind gedämpfte Laufschuhe nach einem Bandscheibenvorfall/bei Rückenproblemen sinnvoll?
Pauschal-Antworten auf diese Fragen sind laut Sportwissenschaftler Matthias Laar jedoch wenig zielführend: “Letztlich liegt es primär an der Läuferin bzw. am Läufer, ob eine Dämpfung im Laufschuh ein „Muss“ ist oder nicht. Dabei spielen Parameter wie läuferische Erfahrung, Gewicht, Laufstil/-technik, Mobilität, Stabilität und motorische Kontrolle eine zentrale Rolle. Es ist also immer eine Fallentscheidung, die am besten getroffen werden kann, wenn man sich den Menschen beim Laufen anschaut.”
Laar warnt dabei vor einer zu breitgefächerten Nutzung wenig gedämpfter Schuhe. “Für die meisten Bewegungsapparate breitensportlicher Läuferinnen und Läufer in Deutschland halte ich eine Dämpfung im Schuh pauschal für eher empfehlenswert. Barfußschuhkonzepte und Schuhe mit minimalster Dämpfung sollten differenziert eingesetzt und der Bewegungsapparat darauf vorbereitet werden.”
Einteilung in Läufertypen
Je nach Trainingszustand und läuferischer Vorerfahrung ist Dämpfung mal mehr, mal weniger von Belang. Im folgenden skizzieren wir daher fünf Läufertypen und geben jeweils einen „Dämpfungstipp“.
1. „Ich habe eine gute Grundkondition und möchte mit dem Laufen anfangen.“
Dann ist ein leicht gedämpfter Barfußlaufschuh, wie beispielsweise der Merrell Vapor Glove 4 eine gute Wahl. Wenn Du ein wenig ins Laufen reingekommen bist, kannst Du je nach persönlicher Präferenz auf einen stärker oder weniger stark gedämpften Schuh umsteigen.
2. „Ich bin bisher eher unsportlich, möchte aber mein Wohlbefinden/meine Fitness mit dem Laufen steigern.“
Wenn Du normalgewichtig bist, spricht nichts gegen den Start mit Barfußschuhen oder wenig gedämpften Schuhen. Bei leichtem Übergewicht und/oder großer Statur solltest Du Deinem Bewegungsapparat etwas Zeit geben und zunächst einen stärker gedämpften Schuh wählen wie beispielsweise den Hoka One One Challenger ATR 6.
3. „Ich bin seit Jahren Gelegenheitsläufer und möchte nun in das Barfußlaufen hineinschnuppern.“
Dann bietet sich an, zwischen Deinem gewohnten (und womöglich gedämpften) Laufschuh und einem Barfußschuh hin- und herzuwechseln. So läufst Du nicht Gefahr, Deinen Bewegungsapparat gleich zu Beginn überzustrapazieren.
4. „Ich laufe mal mehr, mal weniger viel und will schlicht keine Experimente machen.“
Dann ist ein etwas stärker gedämpfter Laufschuh die beste Wahl. Trainiert man unregelmäßig, wird sich auch die Muskulatur kaum an einen wenig gedämpften Schuh anpassen.
5. „Ich bin fleißiger Wettkampfläufer (>1.000km/Jahr), aber ohne Barfußschuherfahrung.“
Das aus dem IT-Bereich stammende Bonmot „never change a running system“ lässt sich auch auf das Laufen übertragen. Wenn also im wahrsten Sinne des Wortes „alles gut läuft“, besteht kein Grund, etwas zu ändern. Verspürst Du hingegen den Drang, von Deinen unter Umständen stärker gedämpften Laufschuhen auf weniger gedämpfte umzusteigen, solltest Du das vorsichtig tun. Schon so mancher Laufprofi war überrascht, wie markant der Unterschied zwischen stark gedämpften Schuh und Barfußschuh ausfällt.
Warum spielt der Trainingszustand bei der Wahl von Laufschuhen eine Rolle?
Das lässt sich kurz und knapp beantworten: Ein gut trainierter Bewegungsapparat ist eher in der Lage, starke Belastungen der unteren Extremitäten abzufedern und die Belastungen, die bei der Nutzung eines wenig gedämpften Schuhs entstehen, “wegzustecken”. Fängst Du hingegen mit dem Laufen an, lohnt sich ein besser gedämpfter Laufschuh – es sei denn, Du bist Purist und bereit, gewisse Gefahren in Kauf zu nehmen.
Gibt es Unterschiede zwischen Damen und Herren?
Keine signifikanten – bis auf die Tatsache, dass kleinere Damenlaufschuhe natürlich ein geringeres Dämpfungsvolumen besitzen als große Herrenschuhe. Das relativiert sich jedoch – und hat letzten Endes keinen Einfluss auf die Laufperformance.
FAQs
Letztlich kann beides der Fall sein. Bei Schuhen mit hoher Dämpfung ist in der Regel viel Material unter der Ferse verbaut, das etwas breiter dimensioniert ist, um ausreichend Stabilität zu bieten. Je nach Aufsatzverhalten des Fußes kann dadurch ein größerer Hebel auf die Achillessehne und deren Ansatz wirken und diese höher belasten.
Bei Schuhen ohne bzw. mit minimaler Dämpfung muss der Bewegungsapparat diese Aufgabe selbst übernehmen. Speziell die Wadenmuskulatur muss als natürlicher Dämpfer einiges leisten, was mit einer höheren Belastung der Achillessehne einhergeht. Darauf muss der Bewegungsapparat durch gezieltes Training und einen langsam gesteigerten Trageumfang der jeweiligen Schuhe vorbereitet werden.
In der Regel solltest Du einen Laufschuh nach rund 600 bis 800 Kilometern austauschen – natürlich abhängig vom Umgang mit dem Schuh und dem Laufterrain.
An einem härteren Antritt und einem härteren Aufkommen – und wenn sich die Charakteristik des Schuhs allgemein signifikant verändert. Dämpfungselemente härten mit der Zeit aus oder können sich abnutzen, was sich auch an der Optik bemerkbar macht.
Pauschal lässt sich das nicht sagen. Das hängt von der Fußform und dem Trainingszustand ab.
Wenn Du unter einer Fuß-Fehlstellung leidest und zu lange mit stark gedämpften Schuhen trainierst, kann der Bewegungsapparat zusätzlich Schaden nehmen. Im Zweifel solltest Du hier einen Orthopäden mit sportlicher Expertise konsultieren.
Die meisten großen Laufschuh-Hersteller haben Schuhe im Sortiment, die Dämpfung UND Stabilität bieten. Liefert die Beschreibung im Webshop keine ausreichenden Informationen, solltest Du im Zweifel noch auf der Website des Herstellers oder einem Fachgeschäft vorbeischauen. Dort gibt es oft konkretere Angaben zu Dämpfung und Stabilität.
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