Was macht eigentlich ein Polarforscher? Und ist Abenteurer wirklich ein Beruf? Wir haben uns mit dem Norweger Børge Ousland unterhalten. Der Polarforscher erzählt von seinen Expeditionen, seinem neusten Projekt und – wie er versucht die Menschen auf den Klimawandel aufmerksam zu machen.
Das ist Børge Ousland
Hallo, Børge. Wo kommst du gerade her?
Børge: Wir waren gerade in den Bergen, hoch oben zwischen Oslo und Bergen, auf etwa 1.200 Metern Höhe. Das ist ein toller Ort zum Wandern, Angeln und in der Natur sein. Es gibt so viele Dinge, die man in der Natur tun kann.
Du bereitest Dich gerade auf eine Expedition vor und wirst Norwegen in ein paar Tagen verlassen, richtig?
Børge: Ja, wir planen Devon Island zu durchqueren – diese Expedition ist Teil unseres Projekts Icelegacy, das ich mit Vincent Colliard unternehme. Wir überqueren die 20 größten Eiskappen der Welt. Devon Island ist die 10. Eiskappe, die wir durchqueren. Insgesamt wollen wir die 20 mächtigsten Gletscher der Erde überschreiten.
Der Grund für dieses Projekt hat mit dem Klimawandel zu tun.
Børge Ousland
Wir wollen auf die Bedeutung von Gletschern und Eis für das Leben auf der Erde aufmerksam machen. Das sind Orte, an die die Menschen normalerweise nicht gehen – sie wissen nicht, wie weit die Situation reicht. Wir forschen dort in Zusammenarbeit mit ein paar Universitäten. Vielmehr geht es uns aber um Kommunikation: Wir wollen mit den Menschen über die Auswirkungen des Klimawandels kommunizieren und sie beeinflussen.
Wie tragt Ihr die Geschichte und Eure Erkenntnisse an die Menschen heran?
Børge: Wir werden nächstes Jahr einen Film veröffentlichen und produzieren auf der Expedition bereits dafür. Nächstes Jahr werden wir mit einem Team aus Wissenschaftlern und Filmemachern auf Expedition nach Island gehen, um die Interaktion zwischen Eis, Tier, Mensch und Natur zu thematisieren und ins Licht zu rücken. Devon Island wird als eine Art Kulisse für den Film im nächsten Jahr dienen.
Devold
Zeit für Veränderung
1986 hast Du bei Deiner ersten Expedition Grönland von Ost nach West durchquert. Seither hast Du auf Skidurchquerungen in Grönland, den Polarkreisen, aber auch Expeditionen zu den höchsten Bergen der Welt viel erlebt. Was hat sich verändert?
Børge: Vieles. Früher war die Planung schwieriger, weil es weniger Informationen gab. Heute gibt es eine bessere Technik, bessere Hardware, wir haben Satellitenbilder, Informationssysteme und GPS-Geräte. Die Ausrüstung hat sich stark weiterentwickelt – auch ich habe viel an der Entwicklung von Schlitten, Schlafsäcken und spezieller Ausrüstung für derartige Expeditionen gearbeitet. Die Bedingungen vor Ort ändern sich langsam – auch wenn es fünf Grad wärmer ist, ist es immer noch kalt.
Eines ist ähnlich geblieben: ich trage seit 1986 Wolle von Devold auf meinen Expeditionen.
Børge Ousland
Wir haben schon immer nur Wolle und Naturfasern verwendet und das ist es, was ich immer noch verwende. Aber nicht, weil ich einen Vertrag mit Devold habe, sondern weil Wolle das beste Material ist. Sie hat die richtige Qualität, das richtige Wärmevermögen und die Temperaturregulierung für unsere Vorhaben. Immer mehr Menschen verwenden Wolle. Und ich werbe gerne für Wollbekleidung, denn sie ist einfach gut für die Umwelt.
Devold
Was treibt Dich an?
Børge: Ein Hauptgrund ist und war für mich sicherlich das Abenteuer und meine Liebe zur Natur. Und ich möchte den Leuten unbedingt zeigen, wie wichtig die Erhaltung der Natur ist – unser Universum ist so großartig. Dieser Teil ist mir immer noch sehr wichtig. Der Enthusiasmus, den ich empfinde, wenn wir ein paar Tage vor einer Expedition stehen, ist ungebremst. Ich bin glücklich mit meinem Leben, dass ich mit der Möglichkeit geboren wurde, dies zu erleben.
Aber jetzt geht es um mehr: Jetzt geht es um die Geschichte, was mit dem Klima passiert.
Børge Ousland
Ich widme meine Zeit dem Erforschen des Klimawandels. Ich verspüre die Verpflichtung, den Menschen zu sagen, was dort passiert. Heute beginnen die Menschen endlich zu verstehen, was mit den Folgen der Erderwärmung passiert. Wir haben Brände, Überschwemmungen und so weiter. Ich habe in der Arktis schon seit Jahren gesehen, was passieren wird. Jetzt wird es mir immer wichtiger, andere Menschen dazu zu bewegen, sich für die Natur zu interessieren.
Grund genug, davon zu berichten. Du warst mit berühmten Abenteurern wie Mike Horn an den kältesten und entlegensten Orten der Welt – hast Du überhaupt noch offene Träume oder Projekte?
Børge: Das ist ein Zufall, denn ich habe vor ein paar Tagen mit Mike gesprochen und wir haben darüber geredet, ein neues Projekt zu beginnen. Das Gefühl, dass ich mehr Abenteuer machen muss, lässt mich nie los. Ich bin sicher, es wird noch einige Expeditionen für mich geben.
Danke für das Gespräch!