Bei Bergzeit haben wir uns in den letzten Wochen viel mit Tipps und Tricks für Boulder-Einsteiger und -Aufsteiger beschäftigt. Es gab Trainingsvideos, Schritt für Schritt Anleitungen, Podcasts und Interviews. Wenn Du neu im Sport bist, wirst Du in den letzten Wochen in der Halle erstaunliche Fortschritte gemacht haben. Ganz ehrlich bin ich schon fast ein wenig neidisch, denn die Lernkurve wird nie wieder so steil ansteigen wie zu Beginn.
Draußen Bouldern und die Welt entdecken
Du hast zwar Spaß am Bouldern, möchtest aber mehr Zeit an der frischen Luft verbringen? Glücklicherweise beschränkt sich das Bouldern nicht nur auf Plastikgriffe in der Halle, sondern lässt sich ganz wunderbar draußen am Fels praktizieren. Ich würde sogar behaupten, beim Bouldern einige der schönsten Orte der Welt entdeckt zu haben. Doch wie funktioniert Outdoor-Bouldern? Welche Ausrüstung braucht es dazu und welche Regeln müssen beachtet werden?
Draußen-Boulder-Tipp 1: Safety First
Natürlich sind die Blöcke draußen nicht mit Matten ausgelegt. Jeder muss also seine Bouldermatten, sogenannte Crashpads selbst mitbringen. Diese können bei einigen Bergsporthändlern, in Boulderhallen oder teilweise auch im Bouldergebiet gemietet werden. Im Idealfall kennst Du bereits jemanden, der Dir sein Crashpad ausleihen kann oder Dich sogar gleich mitnimmt für Dein erstes Outdoor Bouldererlebnis. Nebst den Matten braucht es nämlich eine oder mehrere Personen zum Spotten. Auch wenn die Nomenklatur anderes vermuten lässt, machen sich die Spotter nicht über die kletternde Person lustig, sondern sorgen dafür, dass ein Sturz auf dem Crashpad und wenn immer möglich auf den Füßen endet. Da beim Bouldern häufig maximale Belastungen auf Sehnen, Bänder und Gelenke wirken, gehört richtiges Aufwärmen zum Pflichtprogramm. Falls nicht genügend einfache Boulder vorhanden sind, kann hier ein portables Hangboard hilfreich sein.
Mad Rock
Mad Rock
Draußen-Boulder-Tipp 2: Keep it clean!
Materialmäßig braucht es auch draußen natürlich Kletterschuhe und Chalk für guten Halt. Aus Respekt gegenüber der Natur und damit auch der Nächste saubere Griffe vorfindet, ist es essenziell eine Bürste mitzubringen, um überschüssiges Chalk zu entfernen. Am besten funktioniert eine weiche Naturhaarbürste oder notfalls auch eine normale Zahnbürste. Keinesfalls sollte eine Stahlbürste oder ähnliches verwendet werden, da diese den Fels beschädigen und Griffe grundlegend verändern können.
Wie bouldert man am Fels?
Ähnlich zur Halle gibt es auch draußen eine definierte Startposition. Nicht selten handelt es sich dabei um einen Sitzstart, es wird also in sitzender Position gestartet und das Gesäß verlässt als letztes Körperteil den Boden bzw. das Crashpad. Bei niedrigen Boulderblöcken, auch Lowball genannt, bleibt teilweise nicht viel Platz zwischen Boden und Fels. Hier kommt ein sogenanntes Starterpad zum Einsatz, im Prinzip eine kleinere und insbesondere dünnere Version vom Crashpad. Starterpads eigenen sich auch hervorragend zum Abdecken von tückischen Spalten zwischen größeren Crashpads oder als Sitzgelegenheit während der Mittagspause. Meist wird an mehr oder weniger hohen Felsblöcken gebouldert und der Boulder endet mit einem Topout, sprich dem Ausstieg auf besagten Block. Es empfiehlt sich vorher abzuklären, ob es einen einfachen Abstieg gibt (meist auf der Rückseite) oder ob an derselben Stelle abgeklettert bzw. gesprungen werden muss. In einigen Fällen ist ein Topout nicht möglich oder sehr gefährlich und der Boulder endet an einem definierten Topgriff. Wichtige Information zum Start und Top finden sich im Guidebook, meist illustriert durch eine Skizze oder ein Foto.
Moon
Mad Rock
Wo ist eigentlich meine Haut hin?
Enjoy and Respect
Ganz wichtig ist ein respektvoller Umgang mit der Natur sowie das Beachten lokaler Vorschriften und Regeln. In einigen Gebieten ist beispielsweise das Bouldern in der Nacht untersagt oder es gibt saisonale Sperrungen und Einschränkungen. Informationen dazu finden sich meist online oder im entsprechenden Guidebook. Einige Felsarten wie zum Beispiel Sandstein sind bei Nässe sehr fragil, weshalb Bouldern an nassen Griffen in vielen Gebieten strengstens untersagt ist. Aus Rücksicht auf Wildtiere und andere Boulderbegeisterte sollte zudem auf laute Musik verzichtet werden. Wie bei allen Outdoorsportarten gilt auch beim Bouldern das Prinzip Leave No Trace und obwohl das eigentlich selbstverständlich sein sollte, muss das leider immer wieder betont werden. Konkret heißt das auf bestehenden Wegen bleiben, eigenen und fremden Müll einsammeln (inkl. Tape, Zigaretten, Taschentücher) und Toilettengänge möglichst zuhause erledigen oder ansonsten Klopapier vergraben oder mitnehmen. Nur so kann sich auch die nächste Generation der Schönheit dieser Gebiete erfreuen.
Boreal
Meine Top 3 Bouldergebiete
Zum Schluss zeige ich Dir meine wichtigsten Boulderutensilien und verrate Dir drei meiner absoluten Lieblingsbouldergebiete, welche zwar längst nicht mehr als Geheimtipp gelten, aber definitiv einen Besuch wert sind.
1. Fontainebleau
Die Sandsteinblöcke südlich von Paris gelten nicht umsonst als Geburtsstätte des Bouldersports. Der weiche Waldboden bietet ein ideales Absprunggelände und mit zahlreichen Boulder auch im 3. – 5. Grad eignet sich Fontaineblau hervorragend als Boulderspot für Anfänger, Familien und Kinder.
Natalie Bärtschi
2. Magic Wood
Als Schweizerin darf ich mich glücklich schätzen, diesen bezaubernden Wald als mein Heimgebiet zu bezeichnen. In Magic Wood kommt durch die hohe Dichte an erstklassigen Bouldern in allen Schwierigkeitsgraden wirklich jede(r) auf seine Kosten. Zudem bietet der Fluss eine willkommene Abkühlung an heißen Sommertagen.
3. Rocklands
Der Name Rocklands sagt eigentlich schon alles und doch verblüfft mich die endlose Anzahl orangeroter Felsblöcke immer wieder aufs Neue. In der atemberaubenden Umgebung unweit von Kapstadt findet bestimmt jeder und jede seine und ihre Traumlinie und es kommen jedes Jahr neue Sektoren hinzu.
Heli Kotter
Natalie Bärtschi
Bereit für neue Abenteuer?
Ich hoffe, mit meinem Guide zum draußen Bouldern habe ich Dir Lust gemacht, den Sport mal selbst auszuprobieren und die bunten Plastikgriffe gegen echten Fels auszutauschen. Klar ist es anfangs etwas ungewöhnlich, wenn man nicht genau weiß, wo der nächste Griff oder Tritt sind. Aber das lesen, überlegen und probieren macht auch den Reiz dieses Sports aus. Ich wünsche Dir ganz viel Spaß beim Ausprobieren!
Hörtipp Bergzeit Podcast: Klettern – Von der Halle an den Fels
Draußen klettern ist anders – so viel ist sicher! In dieser Beratungsfolge verrät Dir Bergführer Mick, was Kletterer und Kletterinnen bei ihrem ersten Mal draußen am Fels beachten sollten und gibt Tipps zu Ausrüstung, Sicherheit und Naturschutz beim Felsklettern.