Pünktlich zur Sommersaison 2024 erscheint das neue Edelrid Ohm II, die überarbeitete Version des cleveren Zusatz-Sicherungsgerätes. Wie sein Vorgänger macht der Vorschaltwiderstand das Sichern beim Klettern durch seine zusätzliche Bremswirkung sicherer, wenn die Mitglieder der Seilschaft einen deutlichen Gewichtsunterschied aufweisen und die kletternde Person schwerer als die sichernde Person ist.
Nachdem ich häufiger mit leichteren Kletterpartnerinnen und -partnern unterwegs bin, liegt der Gedanke nahe, das Ohm II zu verwenden, um ein entspannteres Gefühl an beiden Seilenden zu erzeugen. Das scheint jedenfalls sehr viel einfacher, als mein Körpergewicht an die Sichernden anzupassen.
- Vorschaltwiderstand für Kletter-Seilschaften mit großem Gewichtsunterschied
- Zweite, überarbeitete Auflage – einfacheres Seilhandling
- Erhöht im Falle eines Sturzes die Seilreibung
- Gewicht: 450 Gramm
- Unabhängig vom verwendten Sicherungsgerät einsetzbar
Für wen eignet sich das Edelrid Ohm II?
Zunächst gibt es ein paar Voraussetzungen zu berücksichtigen, ab wann bzw. für wen der Einsatz des zusätzlichen Reibungswiderstandes sinnvoll ist.
- Das Gewicht der sichernden Person sollte laut Herstellerempfehlung mindestens 40 Kilo betragen
- Die im Vorstieg kletternde Person kann bis zu 25 Kilo schwerer sein – dieser Unterschied wird beim Sturz oder Ablassen vollständig ausgeglichen (das bedeutet: „die leichtere Person bekommt 25 Kilo dazu“)
- Nach der DAV-Empfehlung, dass bis zu zehn Kilo Gewichtsunterschied ohne zusätzlichen Vorschaltwiderstand in der Regel unproblematisch sind, eignet sich das Ohm II für einen Gewichtsunterschied von bis zu 35 Kilo
Was macht das Edelrid Ohm II aus?
Der große Vorteil: Die sichernde (leichtere) Person ist deutlich geringeren Kräften ausgesetzt. Beim Seilausgeben, so Edelrid, ergeben sich keinerlei Einschränkung. Die Seilempfehlung des Herstellers: Der Vorschaltwiderstand ist für Einfachseile mit Durchmessern von 8,9 bis 11,0 Millimeter geeignet.
Caroline Opp
Katharina Rummel
Das Ohm kann laut Hersteller anstatt der ersten Exe in den ersten Haken der Sicherungsstrecke eingehängt werden. Die Art des verwendeten Sicherungsgerätes hat keine Auswirkung auf die Funktionsweise des Ohm.
Hintergrund: Bei hohem Gewichtsunterschied zwischen Kletterer und Sicherer entsteht im Falle eines Sturzes ein Sicherheitsrisiko. Ist der Sichernde zu leicht, zieht es ihn bei einem Sturz an die Wand bzw. bis zur ersten Sicherung – was gerade bei einem bodennahen Sturz gefährlich ist. Hinzu kommen bei einem dynamischen Sicherungsgerät sehr hohe Kräfte – sprich: der Sichernde kann den Sturz im schlimmsten Fall nicht mehr halten.
Was ist neu beim Ohm II?
- Die Bremseinheit ist über ein Drehwirbelgelenk mit der Schlinge verbunden, dadurch richtet sich das System immer optimal aus und muss nicht in einer bestimmten Richtung in den Haken eingehängt werden
- Neuer Mechanismus zum Öffnen und Schließen – deswegen einfachere Handhabung und sicher gegenüber Fehlöffnungen
- Einfaches Rückholen des Gerätes nach Beenden der Kletterroute (Abbauen)
Katharina Rummel
Wie ist die Handhabung des Ohm II in der Praxis?
Ich kannte das Vorgängermodell aus eigener Erfahrung noch nicht, meine Einschätzungen ziehen hier also keinen Vergleich. Den Startpunkt vor dem ersten Einsatz bildet die Online-Information von Edelrid sowie die mitgelieferte Bedienungsanleitung.
Da sich beim ausführlichen Infomaterial auch ein Video-Manual findet, werden alle Fragen zum „Wie“ und „Was es zu vermeiden gilt“ im Vorfeld sehr gut geklärt. Dennoch solltest Du Dich in Ruhe mit den neuen Abläufen auseinandersetzen und im Zweifel lieber ein zweites Mal prüfen.
Mir und meinen Sicherungspartnerinnen ist es aber leicht gefallen das Ohm II zu verwenden. Aus Sicht des Kletternden lässt sich die Handhabung des Ohm II wie folgt zusammenfassen:
Das neue Ohm II aus Sicht des Kletternden (Stefan)
Die Vorgehensweise für den Kletternden: Ohm II öffnen und das Seil einlegen. Das kann tatsächlich etwas Übung vertragen, lässt sich dann aber auch „blind“ und einhändig bewerkstelligen, da sich die Richtung, in der der Vorschaltwiderstand geöffnet werden kann durch eine Riffelung erfühlen lässt.
Das Einlegen des Seils ist dank Aufzeichnung (Sicherungshand und kletternde Person) einfach und fehlerfrei zu machen.
Anschließend hängst Du das Ohm am ersten Haken ein. In der Halle, bei installierten Exen, verwendest Du den oberen Karabiner, da für das freie Ausrichten unter Umständen zu wenig Platz im Haken bleibt.
Das Vorsteigen gestaltet sich wie gewohnt, aber sehr schnelles und ruckartiges Seilholen kann den Widerstand auslösen – besonders bei wenig Schlappseil. Kurzes Lockerlassen und ein neuer Vorgang lösen die Situation schnell wieder.
Katharina Rummel
Katharina Rummel
Beim nicht angekündigten Sturz im Überhang kann ich keinen Unterschied feststellen im Vergleich zum gesichert werden ohne Ohm II. Es gibt also auch keine unangenehme „Härte“ beim Reinfallen.
Das Rotieren des Gerätes, seine Bremswirkung und die Seildehnung ergänzen sich im Sturzfall optimal.
Das Ablassen fühlt sich völlig normal an, gelegentlich kann es etwas Ruckeln.
❗Vorsicht: Zeigt die Sicherungslinie einen gewinkelten Zick-Zack-Verlauf (z.B. durch überhängende, gestufte Abschnitte) ist eventuell schon so viel Reibung im System, dass die Wirkung des Ohm II beim Ablassen fast zu viel sein kann.
Das Ohm II muss beim Ablassen oder nach Beendigung der Route wieder eingesammelt (ausgehängt) werden. Das solltest Du je nach Routenverlauf und Schwierigkeit auf dem Schirm behalten. Ohne nennenswerten Überhang und bei relativ geradem Verlauf der Route, kannst Du das beim Ablassen gleich mit erledigen. Hier hilft es, dass die Öffnung auch einhändig (nach etwas Übung) gut zu bedienen ist.
Das neue Ohm II aus Sicht der Sichernden (Caro)
Für mich als Sichernde ändert sich durch den Einsatz des Vorschaltwiderstandes nicht viel. Jedoch gilt es, beim Partnercheck einen weiteren Punkt zu beachten: Zum „ist mein Partner richtig eingebunden?“ kommt nun noch die Frage, ob er oder sie auch daran gedacht hat, das Seil (richtig herum) ins Ohm zu legen.
Beim Sichern selbst konnte ich keinen großen Unterschied feststellen zum Sichern ohne Ohm. Wie weiter oben beschrieben kann es passieren, dass es bei schnellem, ruckartigem Ziehen zum Clippen kurz blockiert, was ich als Sichernde jedoch nicht beeinflussen kann.
Der „Probesturz“ war für mich als Sichernde entspannt. Bei einem Kletterer, der etwas mehr wiegt, zieht es mich in solchen Fällen bei längeren Stürzen stark an die Wand bzw. nach oben. Nicht mit dem Ohm.
Ansonsten ist mir aufgefallen, dass beim Auftreten von Schlappseil (zum Beispiel unmittelbar nach dem Clippen) dieses manchmal „über dem Ohm“ hängenbleibt und nicht nach unten durchgegeben wird. Als Sichernde muss ich also ein wenig darauf achten und das Schlappseil durch das Ohm durchziehen, um Seil einzuholen.
Das Ablassen fühlt sich ganz normal an. Es ist sogar entspannter als ohne das Ohm, weil nicht so ein starker Zug auf dem Sicherungsgerät herrscht. Bei viel Reibung kann es passieren, dass ich aktiv nachfädeln muss, um den Sicherer zurück zum Boden zu bringen. Das ist jedoch nicht weiter dramatisch – es ist einfach so, als würde man eine leichtere Person sichern.
Testfazit: So finden wir das neue Ohm II
Das sagt Kletterer Stefan:
Aus Sicht des Kletternden kann ich das Ohm II für alle empfehlen, die, wie ich, öfter mit leichteren Sichernden klettern wollen. Dann ist der Gewichtsunterschied schnell kein Thema mehr, denn das robuste System überzeugt durch einfache und sichere Handhabung.
Das sagt die Sichernde, Caro:
Für mich ist das Ohm II ein praktisches Gerät, das mir mehr Sicherheit gibt, gerade wenn ich mit einem Sturz meines Kletterpartners rechnen muss. Es zieht mich dann nicht so stark und heftig an die Wand bzw. nach oben. Das Handling ist sehr einfach.
Von daher eine klare Kaufempfehlung von uns als Kletterer-Seilschaft mit Gewichtsunterschied! Es eignet sich für die Kletterhalle und den Fels gleichermaßen.