Anna Jäntschi ist bei Bergzeit für das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Im Interview gibt sie Tipps, auf welche Siegel und Standards Du beim Einkaufen achten kannst und wie Du mehr Nachhaltigkeit in Deinen Kleiderschrank bringst.
- Achte darauf, welche Marke hinter dem Produkt steht. Ist Nachhaltigkeit in der Firmenphilosophie ein Thema?
- Trägt das Produkt Siegel oder Zertifikate, die auf verantwortungsvolle Produktion/Materialien hinweisen?
- Informiere Dich vor dem Kauf ausgiebig über das Produkt und den Einsatzzweck – so kannst Du Rücksendungen minimieren.
- Stelle Dir vor dem Kauf die Frage, ob Du wirklich alle Funktionen des Produkts für Deinen Einsatzbereich benötigst.
- Kümmere Dich um Dein Produkt: Mit einer guten Pflege hast Du lange Spaß an Deinem neuen Teil.
1. Vor dem Kauf informieren
Bergzeit: Worauf legst Du persönlich Wert?
Anna Jäntschi: Ich persönlich lege bei der Produktauswahl Wert darauf, in welcher Form sich die Marke des Produkts für Nachhaltigkeit und verantwortungsvolle Produktion engagiert. Außerdem können Siegel und Zertifikate Aufschluss über nachhaltige Merkmale geben.
Beim Online-Einkauf informiere ich mich idealerweise schon vorher über das Produkt, bevor ich beispielsweise fünf verschiedene Artikel zur Ansicht bestelle. Hierbei helfen unser Fit Finder und unsere Größenberater, sowie unsere detaillierten Produktbeschreibungen. Denn auch Retouren fallen durch die CO2-Auswirkung unter den Punkt Umweltschutz.
Valentin Rapp
Ebenso sollte man sich die Frage stellen: Brauche ich wirklich die Funktionalität dieses Produkts? Brauche ich für meine sporadischen Wanderspaziergänge die Jacke mit maximaler Wassersäule und einem damit einhergehenden intensiveren Einsatz von Chemikalien?
Damit ein Produkt lange hält, ist auch eine gute Pflege wichtig.
Unsere Pflegeanleitungen und auch unser Kundenservice bzw. unsere Verkaufsberater in den Filialen helfen bei Fragen zum Waschen, Trocknen und Imprägnieren weiter. Und bevor ich ein kaputtes Produkt entsorge, lohnt es sich, zu schauen, ob man den Mangel, wie z.B. ein kleines Loch, nicht doch beheben kann.
2. Siegel helfen bei der Orientierung
Nachhaltigkeit ist auch im Outdoorsport in. Sogenannte grüne Produkte gibt es von immer mehr Herstellern, aber wie erkenne ich die als Kunde überhaupt?
Hier geben Siegel einen ersten Überblick über die nachhaltigen Merkmale des Produkts. Doch ich gebe zu: In diesem Siegeldschungel kann man sich leicht verirren. Deshalb wollen wir bei Bergzeit mit unserem Nachhaltigkeits-Filter MUT diesen Dschungel übersichtlicher gestalten. Schließlich gibt es nicht das eine Siegel, auf das man achten sollte, sondern viele verschiedene.
Und das hat einen Grund: die unterschiedlichen Siegel beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte im ganzen Produkt-Lebenszyklus. Die Herstellung von Bergsportausrüstung, egal ob Textil oder Hardware, ist ein äußerst arbeitsaufwendiger und heutzutage stark in einzelne, global verteilte Aufgaben zerstückelter Prozess. Genau das wollen wir dem Kunden auch erklären. So kann jeder selbst entscheiden, was ihm wichtig ist und nach welchen Kriterien er sein Produkt auswählt.
Ökologische Aspekte:
- Bluesign: Fokus auf Stoffe und Chemikalien, garantiert eine ökologisch korrekte Herstellung
- GOTS-Siegel: Fokus auf Naturfasern
- Weitere Auszeichnungen: Bio-Baumwolle oder PFC-freie Imprägnierung (keine offiziellen Siegel)
Soziale Standards:
- GOTS-Siegel
- Grüner Knopf: garantiert die Einhaltung ökologischer und sozialer Richtlinien.
- Fair Wear Foundation
- Fairtrade-Bekleidung
Tierwohl:
- Responsible Down Standard (RDS): Siegel für ethisch einwandfrei gewonnene Daune
- Responsible Wool Standard: Siegel für ethisch einwandfrei gewonnene Wolle
- Vegane Produkte: garantieren eine Herstellung ohne tierische Materialien (kein offizielles Siegel)
Produkte nach sozialen, ökologischen und tierwohlbezogenen Eigenschaften filtern:
Zum MUT-Filter3. Eine Frage des Materials?
Was findest Du aus Sicht der Nachhaltigkeit sinnvoller? Natur- oder Synthetik-Materialien – also zum Beispiel Baumwolle oder Kunstfasern?
Das ist eine Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt, weil hier mehrere Faktoren zusammenspielen. Zum einen werden jeweils unterschiedliche Ressourcen in Anspruch genommen. Bei synthetischer Kleidung zum Beispiel wird viel Erdöl gebraucht und damit andere Ressourcen als bei tierischen Bestandteilen wie Wolle und Daune oder dem Anbau von Baumwolle. Das hat ja jeweils unterschiedliche Auswirkungen. Bei Produkten aus recyceltem Material sieht es nochmal ganz anders aus.
Zum anderen haben unterschiedliche Materialien unterschiedliche Vorzüge bezüglich ihrer Recycelbarkeit oder Langlebigkeit. Auch Herstellungsprozesse und Transportwege können unterschiedlich nachhaltig sein. Das alles sind Aspekte, die meine Produktwahl beeinflussen können. Daher ist es hier schwer bis quasi unmöglich, eine Bewertung à la „das ist besser, weil…“ zu vergeben. Letztlich kommt es darauf an, welche Aspekte einem persönlich wichtiger sind oder was man moralisch vertreten kann.
Valentin Rapp
Ein Thema, das seit einigen Jahren sehr präsent ist, sind PFCs (per- und polyfluorierte Chemikalien). Warum betrifft das gerade die Outdoor-Industrie, was ist daran gefährlich und wie finde ich Ausrüstung ohne PFCs?
PFCs sind aufgrund ihrer wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften oft in Outdoorbekleidung oder -Ausrüstung zu finden. Gefährlich sind sie, weil sie sich durch die Herstellung und den Gebrauch der Produkte in der Umwelt und im Nachgang auch in Organismen anreichern.
PFCs können sich nicht selbständig abbauen. Ihre Spuren gehen inzwischen bis in die Arktis.
Auch negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper werden vermutet. Da diese Problematik immer kritischer betrachtet wird, gibt es immer mehr Hersteller, die bei ihren Produkten auf PFC verzichten.
4. Gibt es das Produkt auch Second Hand?
Wie stehst Du zu Second Hand? Ist Second-Hand-Kaufen immer nachhaltiger als neu kaufen und wie gehe ich hier am besten vor?
Wer Second Hand kauft oder verkauft, sorgt dafür, dass sich der Lebenszyklus von Produkten, die ja bereits bei der Herstellung wertvolle Ressourcen verbraucht haben, verlängert. Das ist in jedem Fall nachhaltiger, als wenn Produkte einfach auf dem Sondermüll entsorgt und neu gekauft werden.
Es ist schön, wenn gebrauchte Artikel ein neues Zuhause finden und mehr Bergzeit erleben dürfen.
Damit dies so einfach wie möglich gelingt, haben wir Bergzeit RE-USE ins Leben gerufen. Hier kannst Du ungenutzte Artikel ganz einfach verkaufen, anstatt sie im Schrank verstauben zu lassen.
Du suchst hochwertige Second-Hand-Outdoor-Produkte oder möchtest selbst welche verkaufen?
Entdecke Bergzeit RE-USETrotz allem gilt auch beim Kaufen und Verkaufen von Second-Hand-Produkten: Kaufe nur Dinge, die Du wirklich brauchst und achte auf eine gute Qualität. So kannst Du sie möglichst lang verwenden und leistest damit einen entscheidenden Beitrag für mehr Nachhaltigkeit.
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