Welcher Kletterer kennt das nicht? Die natürliche Form des Seils ist das Knäuel, liebevoll auch Seilverhau genannt. Als Sportkletterer löst man dieses Problem meistens mit einem Seilsack. Beide Enden des Kletterseils werden in die Plane des Seilsacks eingeknotet und der Rest des Kletterseils wird lose auf die Plane geworfen.
Für Zustiege, Abstiege oder andere Transporte ist es hilfreich, wenn Du das das Kletterseil aufnehmen oder verkürzen kannst. Hier gibt es viereinhalb Möglichkeiten:
Zum Seil-Aufschießen hast Du folgende Möglichkeiten:
- Seil aufschießen im Einzelstrang
- Seil aufnehmen im Doppelstrang (schneller)
- Seilrucksack binden
- Seil verkürzen
- Für Faule: der Seilsack
Die Seilpuppe: Praktisch für längere Zustiege
Eine Möglichkeit um Krangel bei seinem Kletterseil zu vermeiden, ist die sogenannte Seilpuppe. Die Seilpuppe bietet die Möglichkeit, das Kletterseil sehr platzsparend, zum Beispiel außen am Rucksack hängend, zu transportieren oder aufzubewahren.
Florian Hairer
Seil aufwickeln = Seil aufnehmen = Seil aufschießen
In diesem Artikel will ich Dir zeigen, wie Du Dein Kletterseil richtig aufnimmst (der Kletterer spricht auch vom Aufschießen des Seils) und zu einer Seilpuppe abbindest beziehungsweise aus der Seilpuppe einen Seilrucksack knotest. Am Ende unternehmen wir noch gemeinsam einen kleinen Exkurs zum Aufnehmen des Seils, um es zu verkürzen, wie es zum Beispiel am Gletscher oder beim Seiltransport im leichten Gelände oft zur Anwendung kommt.
1. Seil aufschießen im Einzelstrang
Beginnen wir zunächst mit dem Aufschießen des Seils im Einzelstrang über die Schultern (bzw. den Nacken).
- Halte das Seilende in einer Hand und wirf das Seil mit der anderen Hand über Deinen Nacken.
- Fasse das Seil mit der zweiten Hand eine Armlänge Länge entfernt und halte es fest.
Florian Hairer
Florian Hairer
- Nimm mit der ersten Hand (die Hand die das Seilende hält) das Seil unter der anderen Hand und wirf es wieder über den Nacken.
- Wiederhole diesen Bewegungsablauf wechselseitig. Damit erhältst Du Seilschlingen, die links und rechts von deinen Schultern hängen. Diese Seilschlingen musst Du nicht zwingend in der Hand halten, sondern kannst sie einfach hängen lassen. Vor allem mit kleinen Händen ist es kaum möglich alle Seilschlingen festzuhalten.
- Wenn nur noch etwa zwei Meter des Seils über sind, nimmst Du das Seil vom Nacken und hängst es Dir über den Arm.
Florian Hairer
Florian Hairer
Die nächsten Schritte beschreiben die Seilpuppe:
- Das Restseil wickelst Du knapp unter deinem Arm mehrmals eng um die Seilschlingen.
- Nun fädelst Du durch das oben entstandene Loch, den Kopf der Puppe, eine Seilschlaufe und schiebst die Seiten der Seilschlaufe über den Kopf der Seilpuppe.
- Ziehe zum Schluss die Schlaufe fest, in dem Du am Seilende ziehst.
Florian Hairer
Florian Hairer
Nun hältst Du eine fertige Seilpuppe in Deiner Hand.
2. Seil aufschießen im Doppelstrang
Möchtest Du beim Aufschießen etwas schneller sein, dann beginne nicht am Seilende, sondern an der Mittelmarkierung. So kannst Du das Seil im Doppelstrang aufschießen. Der Bewegungsablauf bleibt wie oben beschrieben, nur werden bei jeder Bewegung zwei Seilschlaufen gebildet. Das Abbinden zur Seilpuppe erfolgt ebenfalls wie oben beschrieben, aber im Doppelstrang.
Florian Hairer
Ein Nachteil bei dieser Methode ist, dass sich Schlaufen sehr leicht überschlagen und sich beim Abwickeln des Seils Knoten bilden können. Deshalb macht es besonders bei einem im Doppelstrang aufgenommenen Seil Sinn, es vor dem Einsatz nochmal durchzuziehen und auf Knoten zu prüfen.
3. Seilrucksack
Möchtest Du das Seil wie einen Rucksack am Rücken tragen, was gerade bei alpinen Touren und längeren Abstiegen sehr praktisch sein kann? Dann kannst Du eine kleine Abwandlung zur Seilpuppe nutzen.
Wenn das Seil im Doppelstrang aufgenommen wurde, dann ändert sich fast nichts. Die Restseile, die aus der Seilpuppe heraushängen, sollten noch gut zwei Meter betragen. Du musst also mit etwas mehr Restseil (in etwa drei bis vier Meter) mit der Seilpuppe beginnen. Solltest Du das Seil im Einzelstrang aufnehmen, dann beginnst Du nicht am Seilende sondern etwa 3drei bis vier Meter vom Seilende entfernt und nutzt am Ende beide Seilstränge für die Seilpuppe. Auch hier solltest Du am Ende eine Seilpuppe mit etwa zwei Meter Restseillänge erhalten.
Die Seilpuppe nimmst Du jetzt auf den Rücken und ziehst die Restseile wie Rucksackträger über die Schultern nach unten, kreuzt die Seilenden hinter dem Rücken, fixierst damit die Seilpuppe und knotest die Seilenden vor dem Bauch zusammen.
Florian Hairer
Florian Hairer
Video: Kletterseil richtig aufwickeln
In der Video-Anleitung erklärt Dir Andi aus der Bergzeit Filiale, wie Du eine Seilpuppe richtig bindest und wie Du daraus einen Seilrucksack zaubern kannst.
4. Seil verkürzen
Am Gletscher oder auch im einfacheren alpinen Gelände (Gehseillängen in einer Alpinklettertour) kann es nötig sein, das Seil zu verkürzen. Gerade am Gletscher, wo das Restseil (Seilenden) normalerweise für eine mögliche Spaltenrettung benötigt wird, ist eine sehr einfache Möglichkeit das Seil zu verstauen, der Rucksack. Hier bindet man entweder eine Seilpuppe und verstaut sie unter der Deckeltasche oder man macht im Seilende einen (Achter-)Knoten und legt das Seil lose in Schlaufen in den Rucksack (oben auf). Wichtig bei beiden Methoden ist, dass das Seil im Notfall schnell erreichbar bleibt, am besten durch Ziehen am Seilstrang, der in den Rucksack führt und nicht durch Ausrüstung im Rucksack blockiert wird.
Muss die Länge des Seils oft variiert werden, wie zum Beispiel im Übergang Fels-Eis oder beim Führen einer Person (z.B. gestaffeltes Klettern), dann bietet sich der Seilabbund an. Hierbei ist man üblicherweise mit einem Achterknoten im Seilende eingebunden. Nun wird das Seil in Schlaufen um den Nacken gelegt. Am besten hält man die Schlaufen mit einer Hand etwa auf Hüfthöhe fest. Ist die gewünschte Länge erreicht, schlüpft man mit dem Arm durch die Schlaufen, damit diese um eine Schulter liegen. (Tipp: Mach das am besten mit angelegtem Rucksack, da Du sonst die Länge nicht mehr anpassen kannst, ohne den Rucksack abzulegen!)
Florian Hairer
Florian Hairer
Für einen sicheren Transport des Seils muss es noch abgebunden werden. Das ist wichtig, da es sonst im Fall einer Seilbelastung zur Strangulation kommen kann. Um das zu verhindern führt man eine Schlaufe durch die Einbindeschlaufe des Gurtes und bindet das gesamte Seilpaket mit einem Sackstich ab. Dieser wird noch mit einem Schraubkarabiner in der Einbindeschlaufe gesichert. Nun ist das Seil verkürzt und von den Seilschlaufen um den Hals geht keine Gefahr mehr aus.
Florian Hairer
Florian Hairer
Solltest du dir bei den oben beschriebenen Techniken unsicher sein, kann ich Dir nur raten, einen Kletter- oder Bergsteigkurs zu machen. Die meisten alpinen Vereine, sowie Bergführer und Bergsteigerschulen bieten solche Kurse an, in denen die grundlegenden Kletter- und Seiltechniken vermittelt werden. Neben den oben beschriebenen Techniken werden in den Kursen normalerweise auch nützliche Tipps gezeigt und es wird vermittelt, welche Technik wann ihre Vorteile hat.
Du hast noch Fragen zu den vorgestellten Methoden? Dann schreib sie uns in die Kommentare!
5. Alternative Möglichkeiten – der Seilsack
Übrigens: auch für Mehrseillängen- und Alpinkletterer gibt es gute Seiltransport-Möglichkeiten. So bietet der Koala von Blue Ice eine zauberhafte Möglichkeit, für Ordnung am Standplatz zu sorgen. Rucksackähnliche Tragegurte hat er allerdings nicht
Die klassischen Sportkletterer hingegen wird zum Seilsack greifen. Auch hier gibt es verschiedenste Ausführungen, etwa Modelle wie den Caddy oder den Spring Bag von Edelrid für die Kletterhalle oder klassische Seilsäcke von Mammut, DMM oder Meru.