Mein alter Hochtourenrucksack schrie schon seit mehreren Saisons nach dem wohlverdienten Ruhestand. Außerdem versprechen moderne Exemplare Ausstattungs- und Komfortwunder zu sein. Der Variant aus der Rucksack-Schmiede Osprey wurde mir dringend ans Herz gelegt und so reifte mein Entschluss: der neue Osprey Variant 37 muss her. Versprach er doch alles, was ich mir von einem Ganzjahres-Bergrucksack erwarte: Vielseitigkeit für unterschiedliche Touren, geeignete Befestigungsmöglichkeiten für die jeweilige Ausrüstung, Komfort und eine saubere Lastübertragung bei schweren Lasten (zum Beispiel auf Hochtouren), aber trotzdem auch mit wenig Gepäck angenehm zu tragen, sowie die nötige Anpassbarkeit, damit beispielsweise beim Klettern nichts im Weg hängt oder auf dem Weg nach oben hängen bleibt.
Ende August war es dann soweit, ich hielt meinen Variant 37 in den Händen. Ich machte mich gleich daran, freudig wie ein kleines Kind, alles auseinander zu nehmen, jede Schnalle auszuprobieren, um dann doch mit einigen Fragezeichen dazusitzen. Der Rucksack war so neu, dass noch kein „Benutzerhandbuch“ auf der Osprey-Herstellerseite aufzutreiben war. Also ausprobieren und ihn beladen. Und siehe da, jedes Fragezeichen löste sich in ein durchdachtes Ausstattungsmerkmal auf.
Das Tragesystem des Osprey Variant 37
Aber erst mal der Reihe nach. Der Osprey Variant 37 besitzt ein Tragesystem wie bei einem Trekkingrucksack – mit integrierter Rückenplatte inklusive umlaufender, anpassbarer Alustrebe, stabilem, lastaufnehmendem Hüftgurt, gut gepolsterten Schulterträgern und Lastkontrollriemen. Die Rückenpartie ist durchgehend gepolstert – Osprey nennt das kompressionsgeformter Rücken -, was allein schon leicht formgebend für den Alpinrucksack ist. Da kein Netzmaterial als Überzug verwendet wird, gibt’s auch kein Verfangen von Schnee im Winter. Die Polsterung ist angenehm warm und anschmiegsam, wenn man den Rucksack zur Lastkontrolle komplett an den Rücken heranzieht.
Durch das tolle Tragesystem kann man den Kletterrucksack bei langen Zustiegen auch einfach auf der Hüfte tragen und zur besseren Belüftung im Schulterbereich locker schlackern lassen. Die gute Lastübertragung ist nicht zuletzt dem abnehmbaren, durchgängig stabilisierten Hüftgurt zu verdanken, der nicht nur an den zwei Flügeln, sondern komplett versteift ist. Die mittlerweile obligatorische Zugvorrichtung von hinten nach vorne darf natürlich auch nicht fehlen, um das Gewicht effektiv auf die Hüfte zu bekommen.
Darf es etwas leichter sein?
Gewichtsfetischisten können den Osprey-Kletterrucksack bis aufs Nötigste reduzieren, indem sie diverse Komfortmerkmale abnehmen. Die stabilisierende Rückenplatte (151 Gramm) und die Alustrebe (66 Gramm), der lastübertragende Hüftgurt (208 Gramm) und die Deckeltasche (145 Gramm) lassen sich ohne großen Verlust an Praxistauglichkeit entfernen. So kann man das Gesamtgewicht von 1.483 Gramm auf deutlich unter ein Kilogramm – 913 Gramm bei Größe S – drücken!
Toploader mit und ohne Deckel
Besonders loben möchte ich die FlapJacket-Abdeckung, die das Hauptfach des Toploaders verschließt, wenn das Deckelfach abgenommen wurde. Sie ist so durchdacht konstruiert, dass ich das daheim gebliebene Deckelfach auf kleineren Touren nie vermisse. Innen befindet sich eine sinnvolle kleine Netz-Reißverschlusstasche, außen eine Schlaufenreihe. Außerdem schließt die Abdeckung wirklich perfekt (auch schnee- und regendicht) ab. Einen schönen Nebeneffekt bietet dieses Ausstattungsmerkmal, wenn man mit Helm unterwegs ist. Dann besticht die gewonnene Kopffreiheit ohne Deckeltasche – nichts schiebt von hinten den Helm in die Stirn!
Ein Allrounder für jeden Bergsport
Zum Allrounder in Fels, Schnee und Eis wird der Osprey Variant 37 durch seine speziellen Features. Die zum Schutz verstärkte Fronttasche für Steigeisen lässt sich auf Skitour auch für Lawinenschaufel und Skifelle nutzen. Oder einfach um die Jacke schnell mal reinzustopfen. Pickel lassen sich ohne viel Gefummel seitlich mit der Haue voran in zwei Holster sicher parken. Eingepackt in ein sogenanntes HDPE-Sandwich (steifer Plastikschutz über und unter der Pickelhaue) ist man so von außen wie auch im Rucksackinneren vor den liebevoll fürs Eis zurechtgefeilten Spitzen sicher.
Um die Tourenski seitlich anzubringen, sind zwei verstärkte Schlaufen vorgesehen. Für größere Klettertouren ist dort ebenfalls Platz für weiteres Material, um am Klettergurt Ordnung zu schaffen. Daneben besticht der Toploader durch zahlreiche kleine Details, die den Bergalltag, besonders im Winter, erleichtern. So sind alle Schnallen, Reißverschluss-Loops und der Zugbandverschluss am Hauptfach absolut handschuhtauglich. Vorhanden sind außerdem ein Trinkblasenfach und eine Signalpfeife am Brustgurt.
Test-Fazit zum Osprey Variant 37
Der Osprey Variant 37 ist mir inzwischen ein zuverlässiger Begleiter geworden. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Er ist für Einsätze in den Bergen das ganze Jahr über uneingeschränkt zu empfehlen – ob Skitour oder (Eis-)Klettern im Winter oder Bergtouren, Wanderungen und alpine Klettereien im Sommer. Die Kompromisse, die man dabei im Vergleich zu spezialisierten Rucksäcken eingeht, kann man als marginal bezeichnen.
Das Einzige, was ich vermisst habe, ist ein Bauchgurt, wenn man den Hüftgurt abgenommen hat. Der lässt sich allerdings sehr einfach selbst basteln, zum Beispiel mit der Bergzeit Packing Strap 18 Millimeter Metallschnalle. In der Mitte durchschneiden und jeweils eine Hälfte links und rechts einfädeln. Wer ungern eine Metallschnalle vorm Bauch hat, kann diese auch abschneiden und sich eine Deuter Steckschließe 20 Millimeter einfädeln. Fertig ist ein Bauchgurt, der den Rucksack an Ort und Stelle hält, selbst wenn der Hüftgurt aus Gewichtsgründen nicht mit auf Tour darf, oder weil der gemeinsam mit Klettergurt einfach stört.
Der Osprey Variant ist in verschiedenen Rückenlängen (S, M und L) sowie mit einem Volumen von 52 Litern erhältlich. Für mehr Informationen zum Thema Rucksack schau doch mal in unsere Rucksack-Kaufberatung im Shop.