Skitour zur Diavolezza-Hütte
Wir befinden uns im schönen Engadin, um den Piz Palü (3.900 Meter) im Winter live zu erleben. Ausgangspunkt der Tour ist das Berghaus Diavolezza, eine vergleichsweise luxuriös ausgestattete Berghütte hoch über dem Persgletscher. Unser Gepäck verladen wir in die Seilbahn. So werden die Taschen und Rucksäcke ganz bequem zur Hütte auf knapp 3.000 Metern bugsiert. Wir selbst verbuchen den Aufstieg zur Diavolezza hingegen als kleine Nachmittags-Skitour und steigen – ganz ohne Ballast – entlang der Skipiste hinauf zum Berghaus (1.000 Höhenmeter, zwei Stunden). Genau die richtige Dosis zum Aufwärmen!
Oben angekommen, breitet sich die Bernina-Gruppe in all ihrer Pracht vor uns aus. Mittendrin, zwischen Piz Cambrena und Piz Bernina, erheben sich über drei gigantischen Felspfeilern die Gipfel des Piz Palü. Unverkennbar, massiv und atemberaubend: Der Berg wurde von Bergpionier und Regisseur Arnold Fanck nicht zufällig für die Dreharbeiten von „Die weiße Hölle am Piz Palü“ ausgewählt. Der Bergfilmklassiker von 1929 mit Leni Riefenstahl in der Hauptrolle ist auch heute noch absolut sehenswert, aller geschichtlichen Wirrnisse zum Trotz …
Unser Ziel ist es, den Berg – anders als im Film – ganz ohne Drama, Lawinen, Abstürze und Schneestürme zu besteigen. Von der Diavolezza-Terrasse hat man einen guten Blick auf die Wegstrecke, die es am nächsten Tag zurückzulegen gilt. Zur Stärkung bietet die Luxusherberge abends ein Vier-Gänge-Menü und eine große Speisenauswahl à la carte. Nicht nur Bergsteiger, auch zahlreiche (gut betuchte) Skifahrer und Sonnenanbeter zieht es auf diese feine Gourmet-Hütte.
Aufstieg von der Diavolezza durch den Cambrena-Eisbruch
Am nächsten Morgen wird es nach einem wirklich ausgezeichneten Frühstücksbuffet schnell ernst. Mit kompletter Hochtouren- und Gletscherausrüstung geht es auf den Ski zunächst abwärts. Wir fahren, direkt von der Hütte, gut 300 Höhenmeter zum Persgletscher ab. Dort wird aufgefellt und angeseilt, denn der Gletscher ist spaltenreich und tückisch.
Zu Beginn des Aufstiegs geht es aber recht gemütlich in rund einer Stunde zum Fuß des Piz Cambrena, wo das Gelände aufsteilt. Ab hier muss man streckenweise zwischen recht beeindruckenden Gletscherbrüchen hindurchkreuzen.
Die Lawinen- und Steinschlaggefahr ist jedenfalls nicht zu unterschätzen. Im Zickzack geht es zwischen ehrfurchteinflößenden, haushohen Seracs den Osthang hinauf (maximal 40°) und weiter hoch zum Kamm, wo ein Skidepot eingerichtet wird, wenn man wieder zurück zur Hütte oder über den Persgletscher abfahren will. Bei der Überschreitung oder einer geplanten Abfahrt durch das sogenannte „Loch“ oder den „Buuch“ nach Morteratsch werden die Ski natürlich auf den Rücken geschnallt und mitgenommen.
Ein schmaler Grat zum Ostgipfel
Was dann folgt, ist nur für gut trainierte und schwindelfreie Bergsteiger zu empfehlen. Der Anstieg führt über einen ziemlich schmalen Grat zum Ostgipfel des Piz Palü. Hier sind keine Ausrutscher und Fehltritte erlaubt! Trotzdem halten sich die Schwierigkeiten auf dieser Tour in Grenzen. Mit dem Fels kommt man aus dieser Richtung in der Regel nicht in Berührung.
An beiden Seiten geht es hunderte Meter steil nach unten. Ein paar Seilschlaufen in der Hand können die notwendige Reaktionszeit verlängern, falls ein Seilkamerad links oder rechts hinunter rutscht und man selbst auf die andere Seite springen muss.
Piz Palü Gipfel-Glück und Abfahrt
Vom Plateau des Ostgipfels gilt es nur noch einen kleinen, verwechteten Grat zum Hauptgipfel zu überwinden. Leider ziehen ein paar Wolken in Gipfelnähe herum. Trotzdem ist das Wetter gnädig und wir können zwischendurch immer wieder das herrliche Gipfel-Panorama an der Grenze zwischen Italien und der Schweiz genießen. Ein Stück über die Grenze geschmuggelter österreichischer Speck und ein noch größeres Stück Schoggi (die ist dann doch aus der Schweiz!) liefern die notwendige Energie für den Rückweg.
Abstieg und die Abfahrt erfolgen entlang der Aufstiegsspur über den Normalweg. Bei der Rückroute zur Hütte müssen wir die rund 300 Höhenmeter, die wir am Morgen abgefahren sind, als Gegenanstieg überwinden. Je nach Sonneneinstrahlung kann das zur ein- oder anderen Schweißperle auf der Stirn führen. Empfehlenswert ist übrigens bei guten Bedingungen die Abfahrt über den Pers- und Morteratschgletscher bis zur Station Morteratsch der Berninabahn.
Von dort kann man mit dem Zug in knapp zehn Minuten wieder zurück zur Gondelstation und damit zum Auto fahren. Auch die komplette Überschreitung des Piz Palü mit anschließender Besteigung des Piz Bernina ist eine reizvolle Herausforderung. Aber das ist eine andere Berggeschichte …
Alle Tourdaten zur Skitour auf den Piz Palü
- Anreise: von Süddeutschland und Österreich über Landeck und Scuol ins Engadin und nach Pontresina, weiter Richtung Berninapass bis zur Talstation der Seilbahn auf die Diavolezza
- Charakter und Schwierigkeit: mittelschwere Skihochtour mit Gletscherpassagen bis 40 Grad und Firngrat. Sollte man im stark vergletscherten Hochgebirge nicht absolut sicher unterwegs sein und über das nötige Wissen verfügen, empfehlen wir den Piz Palü mit einem zertifizierten Bergführer in Angriff zu nehmen.
- Ausrüstung: Lawinenausrüstung, Helm, Harsch- und Steigeisen, Pickel und Seil
- Höhenmeter und Dauer: Talstation-Bergstation Diavolezza: 900 Höhenmeter/2-2,5 Stunden; Diavolezza-Hauptgipfel: 900 Höhenmeter, 4,5-5 Stunden
- Stützpunkt: Berghaus Diavolezza – ein luxuriöser und für den Normalweg alternativloser Stützpunkt; eine weitere, deutlich längere Route führt über die Bovalhütte
- Hinweise und Tipps: die Spaltensturzgefahr setzt Kenntnisse der Bergungstechniken voraus; Wind und Wetter können den Grataufstieg ungemütlich werden lassen
- Karten: Schweizerische Landeskarte Nummer 1277; Kompass-Karte WK 93 Bernina-Sondrio
- Benachbarte Skitouren: Piz Bernina, Piz Morteratsch (von der Tschiervahütte), Bellavista
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Mehr lesen zum Piz Palü:
- Piz Palü: Luftige Hochtour in der Bernina-Gruppe
- Bumillerpfeiler: kombinierte Hochtour am Piz Palü + Topo