Inhalt
- Polyamid (Nylon) - das Gummimaterial im Klettersport
- Polyethylen (Dyneema) - Fliegengewicht am Fels
- Aramid (Kevlar) - wenn's heiß her geht
- Hybridformen zwischen Dyneema, Kevlar und Polyamid
- Haltbarkeit von Bandschlingen aus Polyamid, Dyneema & Kevlar
- Dehnung: Dyneema & Kevlar vs. Polyamid
- Hilfsleinen aus Kevlar
Im Bergsport und beim Klettern kommen heutzutage an „weichen Materialien“ – also bei Bandschlingen und Reepschnüren, Klettergurten und Seilen – insbesondere drei Arten zum Einsatz: Polyamid, Polyethylen (besser bekannt unter dem Markennamen Dyneema) und Aramid (bekannt als Kevlar). Diese Materialien haben unterschiedliche Eigenschaften, die jeder Bergsportler im Interesse seiner eigenen Sicherheit kennen sollte.
Polyamid (Nylon) – das Gummimaterial im Klettersport
Polyethylen (Dyneema) – Fliegengewicht am Fels
Aramid (Kevlar) – wenn’s heiß her geht
Hybridformen zwischen Dyneema, Kevlar und Polyamid
Bei Bandschlingen gibt es oft Mischgewebe aus Polyamid und Dyneema. Sie tauchen entweder als Mischgewebe-Bandschlingen auf oder als Kern-Mantel-Seilstücke (Kern Dyneema, Mantel Polyamid) zum Standplatzbau, wie etwa die Dyneema-Polyamid-Reepschnnur Dyna.Mit von AustriAlpin.
Auch Bandschlingen aus Kevlar haben einen Mantel aus Polyamid. Diese Konstruktion ist hier besonders wichtig, weil Kevlar recht UV-empfindlich ist.
Tabelle: Vorteile & Nachteile von Polyamid, Dyneema & Kevlar
Material | Feuchtigkeits-empfindlichkeit | UV-Beständigkeit | Schnittfestigkeit | Vorteile | Nachteile | Einsatzgebiet |
---|---|---|---|---|---|---|
Polyamid (Nylon, Perlon) | mittel | empfindlich | niedrig | Gut knotbar; gewisse Dehnfähigkeit | hohes Gewicht, empfindlicher gegen Feuchtigkeit | Schlinge für Selbstsicherung, als Standplatzschlinge |
Polyethylen (Dyneema) | gering | mittel | gut | Geringes Gewicht, hohe Kantenschnittfestigkeit | schlecht knotbar; schlechte Energieaufnahme | Seilverlängerung, Köpfelschlingen, Sanduhren und Fädeln von Haken |
Aramid (Kevlar) | gering | empfindlich | gut | Hohe Kantenschnittfestigkeit | schlechte Energieaufnahme | Sanduhren, Standplatzbau (gerade bei zweifelhaften Sicherungspunkten) |
Hybrid (Polyamid + Dyneema) | mittel/gering | mittel/empfindlich | mittel | Kompromiss aus Polyamid und Polyethylen-Material | Standplatzschlinge, Körperschlingen |
Haltbarkeit von Bandschlingen aus Polyamid, Dyneema & Kevlar
Hersteller geben die Lebensdauer von Bandschlingen – wenn diese nicht benutzt werden – mit maximal zehn Jahren an. Ist eine Bandschlinge regelmäßig im Einsatz, reduziert sich die Lebensdauer allerdings durch Abrieb, UV-Strahlung und andere Faktoren erheblich. Mammut gibt bei seltener Benutzung (ein bis zwei Mal pro Woche) eine Verwendungsdauer von sieben Jahren an, bei hoher Benutzung, also mehrmals im Monat, bis zu drei Jahre.
Climbing Technology
Allerdings ist das Thema Haltbarkeit bei Bandschlingen und Reepschnüren etwas komplexer. Prinzipiell ist hier zwischen den Konstruktionsarten – Kern-Mantel-Konstruktion vs. Schlauchband – zu unterscheiden:
- UV-Strahlung: So altert ein Schlauchband bei starker UV-Strahlung deutlich schneller als eine Kern-Mantel-Konstruktion. Das bedeutet, dass Polyamid zwar UV-empfindlich ist, aber dies beispielsweise bei Kletterseilen dadurch, dass der Kern durch einen Mantel geschützt ist, kaum ins Gewicht fällt. Findet man allerdings eine draußen gelassene Bandschlinge vor, sollte man immer Vorsicht walten lassen. Die verschiedenen Anfälligkeiten der Materialien findest Du grob eingeordnet in der Tabelle oben. Das bezieht sich auch auf fixe Expressschlingen in Klettergärten!
- Material: Bei Polyamid erkennt man die Alterung am Aufspleißen, also der pelzigen Oberfläche des Materials. Tückischer ist das bei Dyneema, denn diesem Material sieht man die Alterung nicht an. Schon nach drei bis fünf Jahren halten sie oft nurmehr 13-15 kN, wie Tests des DAV ergaben.
- Vorsicht mit Chemikalien: Wie alle Teile der persönlichen Schutzausrüstung beim Klettern – also etwa Seile oder Klettergurt – vertragen sich auch Bandschlingen und Reepschnüre nicht mit Säuren, Lösungsmitteln oder anderen Chemikalien. Auch wenn ihnen äußerlich nichts anzusehen ist, können sie nach dem Kontakt mit diesen Substanzen schon bei geringster Belastung reißen.
- Schmelzverbrennung: Wie bei allen Seilen ist unbedingt auf die Gefahr von Schmelzverbrennungen zu achten. Man sollte wirklich nie (nie, nie!) direkt in einer Bandschlinge abseilen oder eine Bandschlinge zu einem laufenden Seil in einen Karabiner hängen. Unbedingt auf Seile achten, die die Bandschlinge durch Reibung beschädigen könnten!
- Vorsicht bei fixem Schlingenmaterial: Bei gefädelten Sanduhren oder alten Köpferlschlingen sollte man ebenso skeptisch sein wie bei Fix-Expressschlingen, denn Feuchtigkeit, Sonne und mechanische Belastung lassen das Material altern und reduzieren die Festigkeit.
Wichtig also: Schlingenmaterial muss regelmäßig ausgetauscht werden. Ein „geht schon noch“ gefährdet das eigene Leben und das Deines Seilpartners!
Knotbarkeit von Dyneema & Co.
Dehnung: Dyneema & Kevlar vs. Polyamid
Wie schon angesprochen: Dyneema und Kevlar sind in Sachen Seildehnung empfindlicher als Polyamid. Wer sich die Wirkung vor Augen führen lassen will, der schaue sich das Testszenario von DMM in diesem Video an – bezogen auf Faktor 1- und Faktor 2-Stürze, zusätzlich mit und ohne Knoten.
Hier wird noch einmal vor Augen geführt, warum man…
- … niemals direkt in eine Bandschlinge fallen sollte (etwa in einen Standplatz),
- … niemals, niemals in eine Dyneema-Bandschlinge fallen sollte und
- … niemals, niemals, niemals direkt in eine Bandschlinge mit Knoten fallen sollte – auch nicht in eine 60-Zentimeter-Schlinge.
Diese Problematik wird übrigens abgemindert, wenn man mit Seil und Mastwurf „Stand macht“.
Hilfsleinen aus Kevlar
Hilfsleinen aus einem Aramid-Polyamid-Gemisch kommen insbesondere beim Materialtransport oder dem Abseilen zum Einsatz. Sie sind sehr leicht und haben wenig Seildehnung. Edelrid hat mit der Rap Line 2 hier eine Mischung entwickelt (zum ausführlichen Rap Line 2 Testbericht).
Doch auch hier gibt es einige Tücken, wie Chris Semmel 2009 in seinem Beitrag in der Bergundsteigen beschrieben hat. Fazit: Sowohl beim Abknoten des Seilendes als auch beim Ablassen sollte man Vorsicht walten lassen. Und auch für Hochtouren sind Aramid-Polyamid-Seile problematisch, weil der Fangstoß durch die deutlich niedrigere Seildehnung steigt und damit auch die Mitreißgefahr!