Vorweg gleich einmal ein paar Fakten, damit man sich auskennt: Ich würde sagen, der Salewa Apex Guide 35 wurde als „alpiner Allrounder“ konzipiert. Mit seinen 35 Litern Fassungsvermögen, seinem puristischen Design und der wasserfesten Außenhülle richtet er sich an all die Bergsportler, die sich für Hochtouren, Mehrseillängen und Skitouren nicht unbedingt drei unterschiedliche Rucksäcke anschaffen wollen und gerne auch mal von früh morgens bis spät abends oder gleich mehrere Tage im alpinen Gelände unterwegs sind.
Ausgestattet ist der Rucksack mit einem Kontakt-Rücken-System. „Dry Back“ nennt es sich – weil durch eine reduzierte Auflagefläche in Verbindung mit seitlichen Luftkanälen die Ventilation am Rücken erhöht und übermäßigem Schwitzen entgegengewirkt wird. Dank einem Roll-Top, getapter Reißverschlüsse und einem speziellen, sehr robusten Nylon-Gewebe bleibt das Innenleben bei Regen souverän trocken und bei Felskontakt stabil.
Ein abnehmbares Deckelfach, verstaubare Hüftflossen und diverse, externe Anbringungsmöglichkeiten für Stöcke oder Eisgeräte runden das alpine Gesamtbild ab – verzichten muss man lediglich auf Schnellzugriffstaschen am Bauchgurt oder den Seiten des Rucksacks.
Mein erster Eindruck
Karton auf. Rucksack raus. Skeptischer Blick. Stirnrunzeln. Hmmm. So in etwa sahen meine ersten Sekunden mit dem Salewa Apex Guide 35 aus. Irgendwie konnte ich mit dem Rucksack auf den ersten Blick nicht richtig anfreunden. Meinen bisheriger „35er“ hatte ich sehr ins Herz geschlossen – und der sah ganz anders aus…aber der war zugegebenermaßen auch kein alpiner Hochtourenspezialist, sondern ein komfortabler Wanderrucksack.
Also – Vorurteile abgelegt und losgetestet: Für die erste Tour stand ein Zustieg von 700 Höhenmetern zu einem relativ hochgelegenen Klettergarten an. Das bedeutet viel Gepäck. Hier offenbart sich gleich beim ersten Packen die enorme Größe des Hauptfachs. Bei manchen Rucksäcken fragt man sich ja dann doch, wie der Hersteller auf die angegebene Liter-Anzahl in der Modellbezeichnung gekommen ist. Nicht so beim Salewa Apex Guide 35. Der hat wirklich viel Platz – und zwar in meinem Fall für:
- Zwei Paar Kletterschuhe
- zwei Klettergurte
- zwei Chalk-Bags
- ein Set aus 20 Expressen
- 8 Schraubern
- einem Reverso
- einem GriGri
- einem ClickUp
- eine zwei Liter Trinkblase
- Wechselklamotten
- Regenjacke
- ausreichend Brotzeit für zwei Personen
- zwei extra Liter Wasser
- zwei Flaschen Radler
- Seil
- Erste-Hilfe-Set
- Sam-Splint
Zur ersten geplanten Test-Tour kam es aber leider nicht. Denn statt der vorhergesagten 20 Grad und leichter Bewölkung hat es am nächsten Tag geschüttet wie aus Eimern. Trotzdem hat sich das erste „Aufsetzen“ in der Wohnung in mein Gedächtnis gebrannt. Ein echter Wow-Effekt – denn wenn den Apex Guide eins auszeichnet, dann ist es meiner Meinung nach sein genialer Sitz am Rücken.
Passform: Der sitzt!
Wie man sich denken kann, hatte die oben beschriebene Ausrüstung ein stattliches Gewicht. Dieses Gewicht verschwindet aber augenblicklich, sobald der Rucksack einmal ordentlich verschlossen ist. Was beim Aufheben vom Boden noch ein „Uff“ war, verwandelte sich am Rücken schnell in ein „Wow“. Obwohl oder gerade, weil die Auflagefläche am Rücken für das Ventilationssystem reduziert wurde, passt sich der Rucksack extrem gut an die Form des Rückens an. Das Kontakt-System erinnert dabei wohl optisch nicht zufällig an eine Wirbelsäule und die dazugehörigen Rippenbögen. In Kombination mit dem sehr straffen Polstermaterial trägt sich der Apex Guide 35 beinahe wie eine zweite Haut.
Die individuell einstellbaren Hüftflossen sorgen für einen derart komfortablen Sitz, dass ich echt baff bin. Dazu muss man wissen, dass ich generell eher ein Skeptiker und vor allem ein Gewohnheitstier bin, der wie gesagt mit seinem bisherigen 35-Liter-Rucksack mehr als zufrieden war. Mit einem derartigen Tragekomfort hatte ich einfach nicht gerechnet.
Die zweigeteilten, ergonomisch geschnittenen Schulterträger garantieren zusätzlich enorme Bewegungsfreiheit und komplettieren das perfekte Tragegefühl. Und auch wenn sich das jetzt nach einer Marketing-Phrase anhört: In Sachen Sitz & Tragekomfort kann ich dem Salewa Apex Guide 35 wirklich nur Bestnoten geben.
Ein Dry Bag fürs Hochalpine
Es geht auch direkt weiter mit der Lobhudelei. Für die Außenhülle der gesamten Apex-Serie verwendet Salewa das Material Robic®. Laut Produktbeschreibung ist es 60% abriebfester als herkömmliches Nylon. Dank speziellen Beschichtungen auf Innen- und Außenseite wird der Rucksack außerdem wasserfest.
Tatsächlich bin ich auf einer meiner Touren im Zuge des Testberichts in ein kurzes Gewitter geraten und siehe da – die Außenhülle hält, was sie verspricht. Dank Roll-Top und getapter Reißverschlüsse sind alle Zugriffspunkte witterungsbeständig – auch ohne Deckeltasche. Gerade wenn man wie ich auch gerne mal etwas teureres Kamera-Equipment auf den Berg schleppt oder mehrere Tage am Stück unterwegs ist und abends auf der Hütte gern etwas Trockenes zum Anziehen hätte, ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass man sich auch bei widrigen Bedingungen voll und ganz auf den Rucksack verlassen kann.
Wie steht es um den Nutzungskomfort?
Mit übermäßiger Euphorie soll man ja bekanntlich vorsichtig sein und so kommt auch dieser Hochtouren-Spezialist nicht ohne kleine Schwächen aus. Vorweg sei allerdings nochmal dran erinnert, dass Salewa mit dem Apex Guide 35 ganz bewusst einen leistungsorientierten Rucksack konzipiert hat, der auf das Wesentliche reduziert ist.
Mich persönlich stört es trotzdem ein wenig, dass ich keinerlei Möglichkeit habe, Kleinteile so zu verstauen, dass ich sie – ohne den Rucksack abzunehmen – erreichen kann. Gerade relativ sperrige Dinge wie Energy-Riegel oder mein Handy lagere ich doch gerne aus den Hosentaschen aus, habe sie aber im Idealfall schnell griffbereit, ohne stehenbleiben zu müssen. Klar, hier hat Salewa die Performance auf Kletter- oder Hochtouren vorangestellt und ja, oft hat man hoch droben noch eine Jacke an, in der man solche Gegenstände verstauen kann, aber meiner Meinung nach hätte ein kleines Fach am Bauchgurt nicht geschadet. Zum Glück ist dieses kleine „Manko“ mit dem Einhängen eines kleinen Beutels in die Hüftflosse auch leicht gelöst – zumindest wenn man wie ich nicht auf ein solches Feature verzichten möchte…
Gut durchdacht ist der Zwei-Wege-Reißverschluss seitlich am Rucksack, der einfach und schnell Zugriff auf das Hauptfach ermöglicht. Je nach Stellung der Reißverschlüsse gelangt man seitlich in den oberen bzw. unteren Teil des Hauptfachs. Jetzt ist dieses Hauptfach aber wie beschrieben sehr groß. Auf Tages- oder Mehrtagestouren sammelt sich allerhand Equipment an, das in diesem einem großen Fach verstaut wird und auf das man auch hin und wieder zugreift und seine akribisch geplante „Packordnung“ unvermeidlich durcheinanderbringt. Praktisch hätte ich gefunden, wenn es deshalb einen zweiten seitlichen Reißverschluss auf der anderen Seite gäbe, um das Hauptfach auf der Equipment-Suche quasi nicht nur zu „halbieren“ sondern zu „vierteln“. Aber auch dieses Problemchen ist vermutlich Jammern auf hohem Niveau und mit entsprechender Umsicht beim Packen leicht zu umgehen.
Mein Fazit
Mit dem Apex Guide 35 ist Salewa ein genialer Rucksack für alpine Unternehmungen gelungen, der vor allem in Sachen Performance punktet. Sowohl Tragekomfort und Features als auch seine Robustheit und Wetterfestigkeit machen ihn zum idealen Begleiter im alpinen und hochalpinen Gelände, wenn eben mal mehr verlangt wird als nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Das man für diese Leistungen dann eben im Bereich „Nutzungskomfort“ minimale Abstriche machen muss, das verbuchen wir einfach unter der Suche nach der „eierlegenden Wollmilchsau“, oder?
Kletterrucksäcke von Salewa im Bergzeit Shop: