Eine eierlegende Wollmilchsau also, mit der man auf sportlichen Bergtouren in abwechslungsreichem Gelände und bei jedem Wetter optimal bedient ist? Einem ausgiebigen Test dieser innovativen Salomon-Schuhe war ich nicht abgeneigt und so ergab sich die Möglichkeit, den S-Lab X-Alp Carbon GTX zunächst vom Hersteller ausführlich vorgestellt zu bekommen, um sich anschließend im Gelände von seiner Performance selbst ein Bild zu machen. Dazu zeigte man sich bei Salomon spendabel und lud Händler und Journalisten zum X-Alp Launch nach Chamonix am Fuße des Mont Blanc, um dem Begriff „Mountaineering“ die nötige Ernsthaftigkeit einzuhauchen – schließlich ein geschichtsträchtiger Ort für den Alpinismus und mit dem höchsten Gipfel der Alpen ausgestattet. Für mich nicht nur deshalb und wegen der einzigartigen Schönheit der Bergkulisse, sondern auch wegen der Vielseitigkeit des Geländes attraktiv. Auf ging es also zum Bergstiefel-Test:
Technischer Aufbau und Zielsetzung der Entwickler
In aller Kürze gesagt, besteht der Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX innen aus einem Halbschuh mit verlängerter Zunge, griffiger, patentierter Allround-Sohle und integrierter Gamasche mit wasserdichtem Reißverschluss für optimalen Nässeschutz bis über die Knöchel. Dank Gore-Tex® Footwear Technologie ist der Schuh für ein optimales Fußklima absolut wasserdicht und atmungsaktiv. Für präzise und einfache Anpassung ist die Schnellschnürung, das Salomon Quick Lace System, an Bord. Ausgestattet mit abriebfesten Verstärkungen aus Gummi ist für die nötige Robustheit gesorgt. Neben dem geringen Gewicht, ein Paar in Größe UK 8,5 wiegt nur 1.000 Gramm, bietet die Konstruktion folgende herausragende Eigenschaften: Zum einen eine sehr hohe Beweglichkeit im Bereich des Sprunggelenks durch die Kombination aus Halbschuh und flexibler Gamasche. Das patentierte Carbon Edging Chassis in der Sohle lässt weiterhin ein flexibles Abrollen und Abknicken der Zehen zu, bietet senkrecht dazu aber eine hohe Verwindungssteifigkeit und Kantenstabilität.
Die Contragrip® Außensohle mit einer Gummimischung ist zuständig für viel Reibung in einem weiten Temperaturbereich. Dazu kommt an der Sohle ein Profil-Layout mit Kletterzone, Stollen für Halt auf Fels und lockerem Untergrund sowie einem entgegengesetzt ausgerichteten Zentralprofil für maximale Reibung bei Auf- und Abstieg nebst selbstreinigenden Kanälen mit kleinen Pyramiden-Formen – die ein Verschlammen wirkungsvoll verhindern. Der Schuh ist bedingt steigeisenfest, um Schneefelder und leichte Gletscherüberschreitungen zu ermöglichen. Hier passen Steigeisen mit Riemen (Körbchen bzw. Riemen vorne und hinten) ohne starre Mittelschiene.
Mit diesen Kernmerkmalen spricht Salomon erfahrene und trittsichere Bergsteiger an, die schnelle, sportlich dynamische Tagestouren mit Kletterpassagen oder sehr leicht bepackte Mehrtagestouren im Visier haben, ohne dabei höchsten Schwierigkeitsgraden zu begegnen.
Der Salomon-Bergstiefel im Praxistest
Anfang Oktober 2014 herrschte während der Testzeit in Chamonix spätsommerlich warmes, sonniges Wetter mit Temperaturen um 20 Grad Celsius im Tal (ca. 1.000 Meter über dem Meeresspiegel) und um null Grad Celsius auf der Bergstation am Aiguille du Midi (3.842 Meter). Gleich nach den ersten Metern von Chamonix zum nahegelegenen Klettergarten war zu spüren, dass es sich mit dem Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX sehr komfortabel geht.
Der federleichte Schuh fühlt sich definitiv nicht wie ein Stiefel an, sitzt sehr gut, lässt sich perfekt anpassen und die Zehen haben viel Platz. Obwohl die Sohle einen soliden Eindruck macht und sofort für einen wohl definierten, sicheren Stand sorgt, ermöglicht ihre Flexibilität ein natürliches Abrollverhalten. Dynamische Schritte werden effizient unterstützt und gleichzeitig kann ich das Gefühl als entspannt und sehr intuitiv beschreiben – das gefällt!
Klettern mit dem Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX?
Doch jetzt geht es gleich mal an die Kletterwand, an der eine Klettersteig-Runde und einige Toprope-Routen in etwas unterschiedlichen, leichten bis moderaten Schwierigkeitsgraden eingerichtet sind. Am trockenen Fels klebt die Sohle hervorragend und gibt so wirklich sehr guten, sicheren Halt. Hier tun sich drei Merkmale besonders hervor: Die Beweglichkeit im Sprunggelenk und das Abknickverhalten im Vorderfuß ermöglichen ohne Anstrengung ein optimales Aufsetzen der Sohle, also mit maximaler Fläche und das ergibt immer die höchstmögliche Reibung mit dem Untergrund. Schließlich ist die gute Kantenstabilität auf schmalen Vorsprüngen für den sicheren Halt in der Klettersituation auch deutlich spürbar.
Klassisches Bergwandern auf dem Trail
Auf den gut ausgetretenen Bergpfaden von der Mittelstation der Bergbahn ausgehend läuft es sich prächtig in dem ungewöhnlichen Testschuh. Der niedrige, bodennahe Stand erzeugt viel Verbundenheit mit dem Untergrund und auf Schotter, tonigem Boden und niedriger Vegetation krallt sich die Sohle spürbar fest, so dass ein sehr angenehmes, sicheres Gefühl beim Gehen erzeugt wird. Hier gibt es definitiv nichts zu meckern – ich vergebe Bestnoten!
Über Blockschutt und Geröllfelder: Mit steigender Entfernung zur Bergbahn wird es schnell felsig, es geht über Gletscherschliffe, Blockmaterial und Moränenschutt. Hier zeigt der Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX, dass er ein vielseitiger Allrounder ist. Ich habe mich schnell daran gewöhnt, keine feste Stützung bis über die Knöchel zu haben und es fällt mir daher leicht, die hohe Bewegungsfreiheit zu genießen. Gerade wenn es über große Felsblöcke geht, ist das aus meiner Sicht ein echter Vorteil. Kann man doch den Fuß bei jedem Schritt in einem anderen Winkel aufsetzen, ohne dass viel Belastung auf das Knie weitergeleitet wird. Das hat schon viel von einem leichten Wanderschuh, aber eben mit einer verlässlichen, festen Sohle, mit der man nicht so leicht ins Schwimmen gerät. Viel Dynamik ist möglich und wo es das Gelände erlaubt, kann man sehr schnell unterwegs sein, weil das Sprunggelenk leichtes Spiel hat oder man auch mal nur mit den Zehen aufsetzen kann, ohne mit dem ganzen Fuß auf die geneigte Fläche umzuklappen. Ich freue mich besonders über die enorme Griffigkeit des Sohlengummis auf trockenen, rauen oder auch glatten Gesteinsoberflächen.
Mit Steigeisen übers Gletschereis: Mit einigen absolvierten Höhenmetern sind auch im sehr warmen Oktober 2014 die ersten Ausläufer von zu Gletschereis verdichteten Restschneefeldern erreicht, die den Sommer überstanden haben. Ideale Voraussetzungen zum Test mit Steigeisen. Auch in dieser Disziplin, der leichten Gletscherüberschreitung, macht sich der X-Alp Carbon GTX im Rahmen der Zielsetzung gut. Speziell beim Queren der verhältnismäßig sanft geneigten Oberflächen profitiere ich von der sehr guten Kantenstabilität der Sohle, so dass zu keinem Zeitpunkt ein Gefühl von Unsicherheit aufkommt. Klettereien in steilem Eis oder der Einsatz der Frontzacken verbieten sich allerdings – dafür ist der Schuh auch für Geübte nicht gemacht! Man sollte das Gebiet und die Anforderungen an Ausrüstung und Bergsteiger vorher eingehend Prüfen, wenn man mit Light Mountaineering Ausrüstung unterwegs ist, Steigeisen hin, Steigeisen her!
Mit dem Bike unterwegs: Wieder zu Hause in den Bayerischen Alpen habe ich einige kleine Tages- und Nachmittagsausflüge für weitere Tests genutzt. Bei immer noch spätsommerlichen Temperaturen bin ich mit dem Fahrrad unterwegs von Gmund über Bad Wiessee, das Söllbachtal hinauf, an der Schwarzentenn vorbei bis kurz unterhalb des Buchsteinhauses. Auf dem Fahrrad macht sich der Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX übrigens sehr gut. Bei halb geöffnetem Reißverschluss der Gamasche ist uneingeschränktes Pedalieren möglich. Die feste, nicht zu starre Sohle macht sogar einen ausgezeichneten Job bei der Kraftübertragung auf das Pedal. Ich möchte jetzt nicht übertreiben – sicher ist der Proband kein Bike-Schuh – aber für einen Bike & Hike Ausflug, wie diesen, schlägt er meinen festen Bergstiefel oder meinen weichen Wanderschlappen um Längen! Rauf zum Buchstein, das letzte Stück zum Gipfel kletternd, und wieder zurück ist auch dank der zuverlässigen Performance des X-Alp Carbon GTX ein großes Vergnügen!
Im Schnee mit dem Salomon unterwegs: Die kleine Runde über die Neureuth liegt bei mir quasi vor der Haustür und steht immer dann auf dem Programm, wenn die Zeit knapp ist. Im Herbst war der Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX einige Male dabei und hat natürlich auch hier überzeugen können. Besonders gut unterstützt die Konstruktion schnelle Gangarten: abschnittsweise lässt es sich völlig problemlos joggen. Auch im tief verschneiten Winter bekommt der Gamaschenstiefel seine Einsätze, hält absolut dicht und unterstützt die Trittsicherheit souverän durch seine zuverlässige Kantenstabilität.
Test-Fazit und Details zum Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX Bergstiefel
Ein gelungener Allround-Leichtbergstiefel oder Multifunktionsschuh, der hält was er verspricht und erfahrenen Bergsportlern auf dynamischen Tagestouren viel Freiheit, Vielseitigkeit und Zuverlässigkeit bietet. Zusammengefasst sieht das Ganze so aus:
Vorteile | Nachteile |
sehr leicht | Schnellschnürung muss gelegentlich nachjustiert werden |
sehr viel Bewegungsfreiheit | Reißverschluss der Gamasche etwas schwergängig |
natürliches Gehen und Laufen | keine Öse zum Einhängen einer zusätzlichen Gamasche oder der integrierten Gamasche einer Hose |
Beweglichkeit der Sohle im Ballenbereich bei hoher Kantenstabilität | Kein Trekkingstiefelkomfort |
ordentliche Kletterperformance | im Hochsommer (ca. 35 Grad Celsius) zu heiß |
bedingt steigeisenfest | – |
gutes Fußklima | – |
- Zum Salomon S-Lab X-Alp Carbon GTX
Nützliche Infos rund um Outdoor-Schuhe:
Weitere Zustiegsschuhe bzw. Multifunktionsschuhe im Test:
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