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Neuauflage des klassischen Allrounders

Scarpa Maestrale Tourenskischuh im Test

7 Minuten Lesezeit
Die Neuauflage eines altbekannten Tourenskischuhs: Der Scarpa Maestrale. Ob er immer noch hält was er verspricht? Skitouren-Spezialist und Bergzeit-Tester Markus Stadler hat den Allrounder für Dich getestet.

Nachdem ich vor vier Jahren bereits einen Testbericht für das Bergzeitmagazin zu dem Scarpa-Tourenskischuh Maestrale verfasst habe, sollte ich jetzt das neuste Modell ausprobieren und im Vergleich zur Vorgängerversion testen.

💡Die wichtigsten Produktmerkmale laut Hersteller
  • Technisch überarbeitete Version des Klassikers
  • Material der Schale: Pebax Renew
    • Leichter
    • Langlebiger
    • Bessere Ökobilanz
  • Unveränderte Passform

Daten und Fakten

Am Basismaterial von Schaft und Schale hat sich nicht viel geändert, diese besteht aus dem gegenüber Temperaturschwankungen relativ unempfindlichen und leichten Kunststoff Pebax Rnew. Neu hinzugekommen ist die Carbon Core-Technologie. Eine auf die Schale aufgespritzte Carbon-Einlage soll für noch mehr Steifigkeit sorgen. Die gleiche Intention steht hinter der geänderten Zungenbefestigung mit einer formschlüssigeren Verbindung zur Schale.

Wie drei

Markus Stadler

Wie drei „Kiemen“ an der Schalenseite des Scarpa Maestrale: die eingespritzte Carbon-Einlage für mehr Steifigkeit.


Die Sohle wurde leicht modifiziert und soll zum einen das Anstollen unter dem Schuh reduzieren und noch besseren Halt bieten. Der Intuition-Innenschuh ist thermoformbar, kann also im erwärmten Zustand optimal an den Fuß angepasst werden.

Der Schuh besitzt drei Schnallen, allerdings deckt die unterste Schnalle mit einem pfiffigen Kabelzugsystem den kompletten Vorfuß ab. Hier ist neu noch eine kleine Micro-Einstellmöglichkeit hinzugekommen, um den Verschluss noch besser dosieren zu können.

Das Gesamtgewicht wird jetzt vom Hersteller mit 1380 Gramm für einen einzelnen Schuh der Größe 27.0 angegeben, beim Vorgängermodell waren es noch 1440 Gramm. Damit liegt der Schuh weiterhin im Mittelfeld der Allround-Skitourenschuhe, die sowohl zum moderaten Freeriden als auch für längere Skitouren empfohlen werden. Der Maestrale ist mit allen gängigen Skitourenbindungen kompatibel.

Mit dem Kabelzugsystem lässt sich der gesamte Vorfuß mit nur einer Schnalle fest umschließen.

Markus Stadler

Mit dem Kabelzugsystem lässt sich der gesamte Vorfuß mit nur einer Schnalle fest umschließen.


Im Praxiseinsatz

Um noch vor Weihnachten einen aussagekräftigen Bericht schreiben zu können, wurde mir der Scarpa Maestrale zum Test bereits Mitte November zugeschickt. Der phänomenale Winterauftakt in dieser Saison hat mir bereits die Möglichkeit zu einem guten halben Dutzend kürzerer und mittellanger Skitouren bis 1200 Meter Aufstieg gegeben. Bei den Abfahrten gab es bisher hauptsächlich Frühwinter-Pulverschnee, wo ich die Handbremse nicht komplett lockern wollte, weil noch der ein oder andere Shark sehr knapp unter der Schneeoberfläche lauert.

So bequem, dass man auch mehrstündige Öffi-Anreisen gerne mit angezogenen Skischuhen absolviert.

Michael Vitzthum

So bequem, dass man auch mehrstündige Öffi-Anreisen gerne mit angezogenen Skischuhen absolviert.


So bequem, dass man auch mehrstündige Öffi-Anreisen gerne mit angezogenen Skischuhen absolviert.

Michael Vitzthum

Markus Stadler testet im November-Neuschnee der Bayrischen Voralpen.


Bei der letzten Tour, einer zweitägigen Skisafari in den Radstädter Tauern, gab es dann auch schon buckelpistenähnlich eingefahrenes Gelände und eine griffige Piste am Ende. Auf der konnte ich einmal etwas höheres Tempo fahren.

Auf einer Tour hatte ich am linken Fuß die alte Version des Maestrale und rechts das aktuelle Modell getragen, um einen direkten Vergleich zu haben.

Auch kurze Fußpassagen mit einigen Felsen und das Radeln mit Skischuhen, sowie eine längere Gehstrecke vom Ende der Tour zum nächsten Bahnhof haben die Schuhe bereits absolviert.

Passform

Ich habe Schuhgröße 45 und trage den Scarpa Maestrale beim Test in der Größe 30.0 Mondopoint, weshalb ich das Gewicht für meine Schuhgröße nachgewogen habe. Der neue Schuh wiegt bei mir 1630 Gramm, das ist nahezu gleich viel wie das Vorgängermodell (1615 Gramm), sogar ein paar Gramm mehr. Wie das mit der Herstellerangabe zusammenpasst, darüber kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Die Passform taugte mir von Anfang an gut, weshalb ich auf eine thermoformbare Anpassung verzichtete.

In enger Abfahrtsposition drücken zwar die Ränder der Innenschuhzunge am Schienbein, aber so eng mache ich die Schuhe ohnehin nicht zu.

Gegenüber dem Vorgängermodell ist die Standardposition der Schnallen etwas enger, so dass auch dünnwadige Tourengeher die Schuhe eng genug schließen können sollten.

Der Leisten wurden grundsätzlich überarbeitet und hat jetzt weniger Leerraum, was meinen langen, schlanken Füßen zu Gute kommt.

Handling

Hier sind die Unterschiede zum Vorgängermodell ebenfalls marginal. Das Aus- und Einsteigen geht bei geöffneten Schnallen problemlos, zwei angebrachte Schlaufen am Innenschuh erleichtern es zusätzlich. Die Schnallen sind leichtgängig und mit wenig Kraftaufwand schließbar, auch mit Fäustlingen.

Beim neuen Modell wurde an der obersten Schnalle auf den Drahtbügel verzichtet, der im Aufstieg verhindern soll, dass sich die nur locker geschlossene Schnalle unbeabsichtigt öffnet. Das erleichtert das Handling etwas und bisher ist mir die Schnalle trotzdem noch nie von selbst aufgegangen.

Das Klettzugband hat jetzt am Ende eine Schlaufe, vermutlich um zum Festziehen mit einem Finger  hinein greifen zu können. Mit dickeren Handschuhen bringt das nichts, eigentlich brauchts die Schlaufe aber auch nicht. Meines Erachtens eine unnötige Variation, die das Einfädeln des Bandes eher etwas schwieriger macht.

Positiv zu bemerken ist hingegen die Änderung am Verriegelungsmechanismus des Schafts für die Abfahrt. Die Vereisungsproblematik wurde so deutlich entschärft und ist jetzt kaum noch ein Thema.

Durch ein sehr bewegliches Schaftgelenk erreicht der Maestrale trotz sehr steifer Schale eine gute Aufstiegsperformance.

Michael Vitzthum

Durch ein sehr bewegliches Schaftgelenk erreicht der Maestrale trotz sehr steifer Schale eine gute Aufstiegsperformance.


Aufstieg

Ich nutze die Innenschuhe ohne Schuhbänder, dafür muss ich die oberste Schnalle in der lockersten Einstellung schließen, damit ich mit dem Fuß nicht im Schuh rutsche. Im Lieferumfang sind jedoch Schuhbänder beigelegt.

Im Gegensatz zu aufstiegsorientierten Tourenskischuhen ist der ganze Schaft etwas steifer, aber der 60 Grad Spielraum des Gelenks ermöglicht trotzdem eine relativ natürlich Gehbewegung.

In einem direkten Vergleich zur Vorgängerversion fühlt sich der Schuh am Schienbein eine Spur härter und unflexibler an, möglicherweise gibt sich das aber mit zunehmendem Gebrauch.

Markus Stadler

Die leicht nach oben gebogene Sohle im Bereich der Fußspitze unterstützt die Abrollbewegung beim Gehen ohne Ski. Längere Fußanstiege oder Kletterpassagen hatte ich mit dem neuen Modell noch nicht zu absolvieren, das Vorgängermodell hatte sich hier als gut geeignet erwiesen und es sind in dem Punkt keine gravierenden Änderungen zu erwarten. Angeblich soll die Sohle weniger anstollen, wobei ich damit auch in der alten Version keine gravierenden Probleme hatte.

Gipfelrast auf dem Spirzinger in den Radstädter Tauern.

Michael Vitzthum

Gipfelrast auf dem Spirzinger in den Radstädter Tauern.


Abfahrt

Der Sitz von Fuß und Unterschenkel lässt sich mit den drei Schnallen sehr fein justieren. Ich hab ein bis zwei Touren gebraucht, bis ich die für mich optimale Abfahrtseinstellung der Schnallen herausgefunden habe. Mit der Heckverriegelung, lässt sich der Schaft in Vorlage fixieren und hält den Unterschenkel tatsächlich sehr fest in dieser Position. Die eher moderate Vorlage lässt sich mit den beiliegenden Spoilern noch um etwa zwei Grad verstärken, was ich persönlich aber nicht nutze.

Man sieht ihn nicht den neuen Maestrale – aber versprochen: Er ist mit auf dem Bild!

Michael Vitzthum

Man sieht ihn nicht den neuen Maestrale – aber versprochen: Er ist mit auf dem Bild!


Bei zu eng geschlossener oberer Schnalle kann die Körperposition über dem Ski durch Beugung im Sprunggelenk nur wenig beeinflusst werden.

Für alpine Skitouren im wechselhaftem Schnee und mit mehr oder weniger schwerem Rucksack hat es sich für mich bewährt, die oberste Schnalle etwa um zwei Kerben zu lockern. So hab ich im Unterschenkel genug Spielraum, um die Körperposition optimal über den durch die beiden unteren Schnallen gut im Schuh fixierten Fuß zu bringen.

Ich bin ein reiner Tourengeher ohne Freeride- oder Pistenambitionen. Für meinen Einsatzzweck hat der Scarpa Maestrale aus meiner Test-Sicht mehr als genug Stabilität, für mich würde sogar etwas weniger reichen.

Langzeiterfahrung

Was bei Tests von neuen Produkten logischerweise außen vor bleiben muss, sind Langzeiterfahrungen und die Haltbarkeit der Produkte. Nachdem ich das Vorgängermodell ab Anfang der Saison 2019/2020 genutzt habe, beziehen sich die folgenden Schlüsse darauf.

Wegen Corona und relativ schneearmen Wintern war die Skitourenausbeute in diesen vier Wintern für meine Verhältnisse relativ dürftig. Ich hab etwa 130.000 Höhenmeter im Aufstieg und in der Abfahrt mit dem Maestrale absolviert. Der Intuition-Innenschuh hat sich schon nach der ersten Saison deutlich geweitet, so dass der Halt schlechter wurde. Aber mit einer Schalen-Einlegesohle und einer Thermoanpassung ging es wieder ein Jahr.

Mitte der dritten Saison war der Liner im Fersenbereich innen dann so zerschlissen, dass ich mir Blasen lief und mir einen neuen Innenschuh besorgen musste. Die Sohle und die Schale sind immer noch in gutem Zustand. Die untere Schnalle ist einmal abgegangen, das ließ sich aber mit einem Inbus-Schlüssel wieder beheben und hält seither. Mit Ausnahme des Innenschuhs war ich mit dem Maestrale sehr zufrieden, ich denke in dem Punkt wird sich die neue Version nicht groß unterscheiden.

Vor und Nachteile auf einen Blick

➕ für einen Allround-Skitourenschuh sehr hohe Stabilität in der Abfahrt
➕ Ausgereiftes Schnallensystem mit gutem Handling auch mit Handschuhen und wenig Kraft
➕ Gutes Feeling auch beim Gehen ohne Ski und im Fels
➕ Solide Konstruktion von Schale und Schnalle für lange Haltbarkeit

➖ Innenschuhe könnten etwas langlebiger sein
➖ Für einen Allround-Skitourenschuh könnte er etwas leichter und beim Gehen geschmeidiger sein

Fazit zum Scarpa Maestrale im Test

Der Maestrale ist ein klassischer Allround-Skitourenschuh der einem sehr breiten Anspruchsspektrum genügt. Durch die große Schaftbeweglichkeit und die gute Sohlenkonstruktion eignet er sich zwar auch gut für längere und alpinere Anstiege. Aufgrund der Schafthärte, der ausgereiften Schnallenkonstruktion und des vergleichsweise hohen Gewichts gegenüber aufstiegsorientierten Modellen tendiert die aktuelle Version allerdings bereits eher in Richtung „abfahrtsorientiert“.

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