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Kletter-Hotspot im Mittelmeer

Sportklettern in Sardinien

7 Minuten Lesezeit
Die Mittelmeerinsel Sardinien ist ein Kletter-Juwel für Kletterinnen und Kletterern aus der ganzen Welt. Wie Du das schönste Klettergebiet auf Sardinien findest und wie Du das Drumherum Deiner Reise organisiert, verrät Dir Maurizio Oviglia, Bergsteiger und Kletterexperte aus Sardinien.

Die Mittelmeerinsel Sardinien gilt bei Kletterinnen und Kletterern aus der ganzen Welt als Top-Kletterrevier. Doch es ist nicht ganz einfach, ein umfassendes Bild vom Sportklettern und seinen Möglichkeiten auf Sardinien zu geben – die Klettermöglichkeiten scheinen unbegrenzt.

Sardinien bietet Kletterinnen und Kletterern unbegrenzte Möglichkeiten und imposante Felsformationen in wunderschönen Buchten.

Pixabay/Simon

Sardinien bietet Kletterinnen und Kletterern unbegrenzte Möglichkeiten und imposante Felsformationen in wunderschönen Buchten.


Der häufigste Fehler ist, Sardinien mit Kalymnos oder Kreta zu vergleichen. Tatsächlich ist Sardinien viel, viel größer. Das bedeutet, dass es Tausende von Routen gibt, aber vor allem, dass es nicht möglich ist, die ganze Insel in einem halben Tag zu umfahren oder alles in einer Woche zu besichtigen; man muss sich ein bestimmtes Gebiet aussuchen und sich darauf konzentrieren. Die anderen kann man sich für weitere Urlaube aufheben. Doch welches Gebiet ist das richtige, wenn es darum geht, gleich das Beste für den ersten Kletterurlaub auf der Insel auszuwählen?


Im Folgenden gebe ich Dir einen Überblick über die verschiedenen Klettergebiete in Sardinien und erläutere Kletterstil und Art des Felsens. Zudem zeige ich Dir, welche Gebiete sich für welche Jahreszeit am besten eignen.

Nordsardinien

Die für das Sportklettern erschlossenen Gebiete liegen hauptsächlich um die Städte Sassari und Alghero. Es handelt sich ausschließlich um Kalkstein, wobei löchrige Kletterei vorherrscht.

Am Rande der Stadt Sassari gibt es eine große Anzahl von Sektoren mit einer Höhe zwischen 10 und 20 Metern, wobei es auch einige längere Routen gibt. Der Stil ist fast immer athletisch, was vor allem von Kletterern der neueren Hallen-Generation geschätzt wird. Der Schwierigkeitsgrad reicht von 6a bis 8b.

Denjenigen, die einfache Routen, eine panoramareiche Umgebung und wunderschöne Klettereien suchen, rate ich jedoch, diese Felsen zu Gunsten anderer auszulassen. Monteleone Roccadoria, 30 km von Alghero entfernt, erfüllt diese Anforderungen. Es gibt etwa hundert Routen, die zwischen 10 und 40 Meter lang sind und deren Schwierigkeitsgrad von 4 bis 8a+ reicht. Der Stil variiert von Platten bis zu Überhängen, je nach Sektor, aber im Allgemeinen ist das Klettern technischer und dynamischer als bei den Felsen von Sassari. Sonne am Nachmittag.

In Monteleone Roccadoria findet man etwas für alle Level, wie zum Beispiel die Route King Arthur (7b).

Maurizio Oviglia

In Monteleone Roccadoria findet man etwas für alle Level, wie zum Beispiel die Route King Arthur (7b).


Der letzte interessante Felsen im Norden Sardiniens ist die kleine Wand von Casarotto am Capo Caccia, die direkt dem Meer und den herrlichen Klippen dieses Vorgebirges zugewandt ist. Die Wand ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Aber Achtung: die Haken sind stark dem Salz ausgesetzt und daher nicht immer zuverlässig. In der Höhle findest Du zwanzig Routen von 5b bis 8a und eine super Umgebung nur einen Steinwurf von der schönen Stadt Alghero entfernt.

Der Südwesten, die Iglesiente

Der Südwesten Sardiniens ist zusammen mit dem Gebiet von Cala Gonone das Gebiet, in dem sich das Sportklettern seit Mitte der achtziger Jahre stark entwickelt hat. Wir können daher sagen, dass es sich zusammen mit Supramonte und Ogliastra um ein Gebiet handelt, das unbedingt einen Besuch wert ist.

Die Kletterfelsen teilen sich auf in solche, die an der Küste liegen, von denen einer der berühmte Masua ist, und solche, die in den Bergen des Landesinneren versteckt sind. Darunter das Gebiet von Punta Pilocca und Gutturu Pala, die sich im Gemeindegebiet von Fluminimaggiore befinden. Sie bieten grauen Kalkstein von außergewöhnlicher Qualität.

Allein im Felssektor

Maurizio Oviglia

Allein im Felssektor „Chinatown“ bei Domusnovas gibt es 56 Kletterrouten.


Allein im Felssektor

Maurizio Oviglia

Castello dell’Iride in Masua hat sich mit über 60 Routen zu einem der beliebtesten Klettergärten im Süden Sardiniens entwickelt.


Das Hinterland von Domusnovas ist eine Welt für sich, ein großes Klettergebiet mit Dutzenden von Felsen und fast 800 Routen. Die Stile reichen von Platten bis zu überhängenden Höhlen, wobei einige Routen sogar 9a und 9b erreichen, eingerichtet von keinem Geringeren als Adam Ondra. Die Felsen von Domusnovas sind sehr heterogen, immer gut gepflegt und als Lieblingsgebiet der Kletterer aus Cagliari stark frequentiert. Es ist möglich, zu jeder Jahreszeit zu klettern. Von Platten über steiles Gelände bis hin zu Überhängen wird jeder das Richtige für sich finden.

An der Küste, in den Gebieten von Masua und Buggerru, gehört der Kalkstein zu den ältesten Kalksteingebieten in Europa. Deswegen ist er auch von hervorragender Qualität. Der Kletterstil ist technisch und die Absicherung gut. Obwohl das Gebiet in der Vergangenheit vom Bergbau stark ausgebeutet wurde, ist das gesamte Gebiet der Iglesiente ein wildes und faszinierendes Gebiet geblieben. Wenn Du statt Nachtleben eher auf einsame und romantische Sonnenuntergänge an fast menschenleeren Stränden stehst, ist der Südwesten genau das Richtige für Dich!

Das Zentrum von Sardinien

Das Hinterland von Sardinien hält einige interessante Klettergebiete für Dich bereit. Ganz besonders empfehle ich den Besuch von Isili, das in den neunziger Jahren für seine überhängenden Klippen berühmt wurde (in Isili gibt es keine Plattenrouten!), Samugheo und Monte Arci.

Kletterer versucht sich an überhängender Stelle in Felswand

Maurizio Oviglia

Im Klettergebiet Samugheo gibt es mehrere Sektoren, wie im Bild Apoteosi mit 14 Routen zwischen 6a und 7a+.


Isili ist ein sehr kleines Gebiet, aber mit einer großen Anzahl von Felsen auf engem Raum. Es gibt fast 250 Routen, die auf eine Vielzahl von Sektoren verteilt sind. Die Schwierigkeiten reichen von 5a bis 8c. Nicht weit davon entfernt ist Samugheo, ein Kletter-Zentrum, das in den letzten Jahren eine große Entwicklung durchgemacht hat. Die Sektoren sind zahlreich, der Fels ist hervorragend und die Klettereien reichen von Platten bis zu Überhangen. Der einzige Nachteil von Samugheo ist der etwas steile und bergab verlaufende Zugang. Allerdings hat man sich in den letzten Jahren viel Mühe gegeben, die Wege zu markieren. Der Monte Arci ist ein atypischer Basaltfelsen, der sich in einer sehr aussichtsreichen Lage auf dem gleichnamigen Berg, nicht weit von Oristano, befindet. Der Kletterstil ist sportlich.  Es gibt viele Risse und Routen mit kleinen Tritten.

Ogliastra

Dieses große Gebiet an der Ostküste unterhalb des Supramonte hat sich in den letzten Jahren zum bekanntesten und beliebtesten Sportklettergebiet Sardiniens entwickelt. Es gibt Dutzende von erschlossenen Felsen und Routen aller Stile und Schwierigkeiten.

Wir können zwei Bereiche unterscheiden, die sehr unterschiedlich sind, sich aber hervorragend zum Sportklettern eignen:

  • im Norden das Gebiet von Baunei und
  • im Süden, die Tacchi von Jerzu und Ulassai.

Ich empfehle, jedem Gebiet mindestens eine Woche zu widmen, eventuell abwechselnd, wenn man eine Unterkunft auf halbem Wege findet.

Baunei bietet eine perfekte Kombination aus Meer und Klettern. Die Felsen liegen an einer der schönsten und wildesten Küsten Europas. Plattenkletterei überwiegt, auch wenn es Höhlen und stark überhängende Routen gibt. Jeder Felsen ist in einen bemerkenswerten natürlichen Kontext eingebettet, der Baunei zu einem der beliebtesten Gebiete für europäische Kletterer macht. Neben den zahlreichen Kalksteinfelsen gibt es auch Granit und Porphyr, perfekt eingefügt wie Diamanten in einem Meer aus Kalkstein. Kurzum, das Angebot ist überwältigend.

In Baunei klettert man an Felsen, die an einer der schönsten und wildesten Küsten Europas liegen.

Pixabay | Giglio di Mare

In Baunei klettert man an Felsen, die an einer der schönsten und wildesten Küsten Europas liegen.


In Baunei klettert man an Felsen, die an einer der schönsten und wildesten Küsten Europas liegen.

Maurizio Oviglia

Breite Wandfluchten mit hervorragendem Fels warten in Jerzu mit hunderten von eingerichteten Routen auf.


Jerzu und Ulassai liegen nicht am Meer (obwohl sie nur 30 Autominuten davon entfernt sind), aber sie bieten eine Natur, die der von Katalonien sehr ähnlich ist und die ausdauernde Kletterer sehr schätzen. Breite Wandfluchten mit hervorragendem Fels warten mit hunderten von eingerichteten Routen auf. Ein Paradies, besonders für diejenigen, die lange, technische Anstiege bevorzugen. Große Überhänge sind selten, geklettert wird fast immer an wirklich spektakulären Felsen.

Das Supramonte

Cala Gonone ist ideal für alle, die mit Blick aufs Meer klettern wollen.

Pixabay | Giglio di Mare

Cala Gonone ist ideal für alle, die mit Blick aufs Meer klettern wollen.


Historisch gesehen ist dies das Gebiet, in dem das Sportklettern auf Sardinien geboren wurde. Die ersten Routen in Cala Gonone stammen aus den frühen achtziger Jahren und tragen die Handschrift von Heinz Mariacher, Bruno Pederiva, Manolo! In der Folgezeit haben die Felsen von Cala Gonone einen großen Aufschwung erlebt und in den neunziger und zweitausender Jahren war Cala Gonone zweifellos ein weltweit bekanntes Kletterzentrum. In den darauffolgenden Jahren hat sich der Trend etwas in Richtung Baunei und Ulassai verlagert, aber in letzter Zeit wird Cala Gonone wieder beliebter, auch dank neuer Felserschließungen bei Oliena, Urzulei, Lula und Siniscola. Der große Vorteil von Cala Gonone ist und bleibt, dass es viele Felsen gibt, die dem Meer zugewandt sind, und das auf kleinem Raum und mit einer Natur von großer Schönheit. Das macht Cala Gonone zum Lieblingsziel vieler Touristen, die einen Urlaub am Meer, vielleicht mit der Familie, bevorzugen.

In dieser Hinsicht bleibt Cala Gonone ein perfektes Reiseziel. Auf jeden Fall empfehle ich, wie bereits erwähnt, einen Besuch der Felsen des Lanaitto-Tals oder von Genna Croce und Serra Oseli. Außergewöhnlicher grauer Kalkstein und (oft sehr) technische Kletterei.

Klettern auf Sardinien im Sommer oder Winter

Die ideale Zeit zum Klettern auf der Insel ist zweifelsohne die Zwischensaison, Frühling und Herbst. Es ist jedoch auch möglich, im Sommer und im Winter zu klettern, wenn man einige Richtlinien beachtet.

Winter

Die Winter auf Sardinien sind nie besonders regenreich. Wenn es regnet, dann nie lange. Im Spätherbst kann man zwar bemerkenswerte Überschwemmungen erleben, aber das sind außergewöhnliche Ereignisse.

Auch im Winter kann man auf Sardinien hervorragend klettern.

Maurizio Oviglia

Auch im Winter kann man auf Sardinien hervorragend klettern.


Normalerweise sind die Regenfälle von kurzer Dauer und es windet, besonders aus Nordwesten (Mistral), sehr häufig. Im Winter ist es daher notwendig, Felsen mit südseitiger Ausrichtung zu wählen und sehr auf den Wind zu achten, wobei geschützte Bereiche zu bevorzugen sind. Bei einer guten Wettervorhersage kann man fast nichts falsch machen und es gibt nur wenige Tage, an denen man nicht klettern kann. Der Fels bleibt nach dem Regen nicht lange nass und kann, je nach Wind, innerhalb von 30 Minuten austrocknen. Wenn es regnet, wird die Auswahl schon schwieriger. In den Kletterführern sind die möglichen Gebiete und Felsen angegeben. Achte auf den Südwind (Sirocco und Libeccio), denn er macht den gelben Felsen sehr rutschig.

Im Winter sind die empfehlenswertesten Felsen die von Roccadoria, Isili, Samugheo, Domusnovas, Masua, Cala Gonone, Quirra und Baunei.

Sommer

Die Sommer auf der Insel sind heiß, aber schwüle Tage sind Dank des Windes sehr selten. So kann es vorkommen, dass die Temperatur in den heißesten Stunden zwar 30 bis 35 Grad erreicht, vielleicht ein paar Grad mehr als im Norden Italiens, aber durch die geringe Luftfeuchtigkeit lässt es sich gut im Schatten aushalten. Im Sommer sind die Bergregionen der Küste zum Klettern vorzuziehen.

Auf Sardinien befinden sich die Gebiete zum Klettern in einer Höhe von etwa 600 bis 1000 Metern und sind alle in der Region der Tacchi di Jerzu (Ulassai, Osini, Ussassai und Jerzu) und des hohen Supramonte (Oliena und Urzulei) angesiedelt. In diesen Gebieten kann man während der Schattenstunden je nach Tageszeit bei einer akzeptablen Temperatur zwischen 20 und 30 Grad klettern,. Bläst der Mistral, sind die Temperatur und der Grip noch besser.

In der Nähe des Meeres kann man immer dann klettern, wenn es nicht besonders heiß ist. Einige der Felsen von Cala Gonone, Baunei, Domusnovas, bieten auch im Sommer gute Klettereien.

Im Sommer kann man gut an den bergigen Regionen der Küste klettern.

Maurizio Oviglia

Im Sommer kann man gut an den bergigen Regionen der Küste klettern.


Empfehlenswerte Kletterführer

Die Pietra di Luna-Führer, herausgegeben von Fabula (auf englisch), beinhalten seit 35 Jahren alle Felsen und langen Routen auf Sardinien. Im Jahr 2012 wurde die letzte Ausgabe von Pietra di Luna veröffentlicht, die ganz Sardinien abdeckt.

Seitdem wurden verschiedene Updates veröffentlicht, die einzelne Bereiche abdecken: Baunei, Jerzu/Ulassai und Domusnovas.

Im Jahr 2021 wurde ein Pietra di Luna-Führer veröffentlicht, der ausschließlich den Felsen von Cala Gonone und Umgebung (Oliena, Urzulei, Lula, Siniscola) gewidmet ist. Updates, neue Felsen und Bücher findest Du auch im Internet unter pietradiluna.com und planetmountain.com.

Stützpunkte

  • In der Gegend von Cala Gonone und Baunei gibt es neben B&Bs auch Campingplätze (nur in der Sommersaison) und Ferienwohnungen.
  • In Ulassai und Jerzu gibt es viele B&Bs und Pensionen.
  • Das Gebiet von Iglesiente ist unter diesem Gesichtspunkt eher problematisch. B&B in Villamassargia und Nebida, Ferienwohnungen in Domusnovas.
  • In Isili gibt es B&Bs und günstige Hotels für Bergsteiger.

Wildcampen wird derzeit in den Gebieten Ulassai, Jerzu, Iglesiente, Isili, Monteleone Roccadoria geduldet. Wo immer Du campst, respektiere Privateigentum und Tiere in freier Wildbahn.

Wichtig: Zerstöre oder beschädige niemals Bäume oder Stalaktiten in den Höhlen. Markiere Wege nicht mit Farbe, entferne keinen Sand oder Kieselsteine von Stränden.

Weitere nützliche Reisetipps

Die empfohlenen Fährverbindungen nach Sardinien sind Genua-Olbia und Livorno-Olbia. Es gibt Tag- und Nachtfahrten. In der Regel verkehren auf diesen Strecken drei oder vier Fähr-Unternehmen, die einfach online buchbar sind.

Mit dem Flugzeug: die empfohlenen Flughäfen sind Cagliari-Elmas, Olbia und Alghero. Hier ist es möglich, ein Mietautos zu buchen, hier macht es Sinn, die Preise zu vergleichen. Es gibt auch Anbieter, die Wohnmobile vermieten.

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