Ich mache schon ziemlich lange Outdoorsport. Fahre Ski seit ich drei Jahre alt bin, mit ungefähr zehn oder elf Jahren kam dann Mountainbiken dazu. Zwischendurch mal Klettern. Wandern sowieso, Gravelbiken natürlich auch. Das ganze Programm eben. Gemacht habe ich es bis dahin immer mit genau den Personen, die gerade da waren. Zugegeben, meistens waren das Männer. Mein Papa, die Jungs aus meinem Skiclub, mein erster Freund. Frauen waren aber natürlich auch immer wieder dabei. Gut durchgemischt würde ich sagen. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich mir nie darüber Gedanken gemacht, ob Frauen anders Bergsport machen als Männer – bis ich diesen Beitrag schreiben sollte.
Für mich war eigentlich immer klar, dass ich einfach meinen Sport machen will. Und ich will als Sportlerin ernst genommen werden – egal ob ich nun eben männlich, weiblich oder divers bin.
Ich brauche keine Extrawurst, nur weil ich eine Frau bin.
Bergzeit
Frauen, Snowboarder und Exoten?
Meist hat das funktioniert, auch wenn ich mit Männern unterwegs war. Ich war einfach ein Teil der Gruppe und nicht die eine Ausreißerin. Ich selbst und die anderen sahen mich als Sportlerin. Bis ich dann 2015 am Start des Weißen Rauschs in St. Anton am Arlberg stand. Bei einem Massenstart-Skirennen mit 500 Teilnehmern. Eingeteilt war ich in die Startergruppe „Frauen, Snowboarder und Exoten“.
„Okay, Exoten“, dachte ich mir. „Was soll das sein?“ Beantwortet wurde mir diese Frage an der Startlinie. Neben mir in Position stand ein Herr im Teddybärkostüm, jemand in einem Einhorn-Gewand und ein Yeti. So. Frauen werden in Massenstart-Rennen also mit Fabelwesen gleichgesetzt?!
Gut, dass Frauen im Outdoor- und Bergsport häufig anders behandelt werden, ist mir bekannt. Das fängt schon bei der Ausrüstung an. Als Frauenequipment wird häufig Ausrüstung beschrieben, die für kleinere und leichter gebaute Menschen ist und mit einem lieblichen Design daherkommt. Dass Frauen aber auch größer sein können – und bei einer Körpergröße von 1,78 Meter weiß ich, wovon ich spreche – wird häufig nicht bedacht.
Bergzeit
Das bestätigt mir im Gespräch auch Anna Weiß. Sie ist Mitgründerin des World of Mountainbike Magazins und des European’s Womens Outdoor Summit und beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema Frauen im Outdoorsport: „Es geht nicht um Frau oder Mann. Es geht immer um den Menschen, der das Produkt nutzt. Bei gutem Design steht nicht das Produkt am Anfang und im Mittelpunkt, sondern der Mensch. Natürlich sind Frauen statistisch gesehen kleiner und leichter als Männer – aber nicht ALLE sind es. Es gibt auch kleine, zarte Männer und große, kräftige Frauen.“
Häufig werden Frauenprodukte einfach nach dem altbekannten Prinzip „Pink it and shrink it“ produziert. Von Ski kenne ich das zu genüge. Frauen wollen einen Ski, der leicht ist und vor allem leicht zu fahren ist. So die allgemeine Annahme. Also, leichteren Kern verbauen, Blumenprint drauf und schon hat sich die Sache. Dass Frauen diese Ski oft gar nicht fahren möchten oder dass auch Männer gerne leicht zu fahrende Ski hätten? Ist nicht in der Produktplanung. Ergo, werden die sogenannten Ladies-Produkte nicht gekauft. Die Hersteller hören auf in Frauenprodukte zu investieren. Und so weiter. Ein Teufelskreis.
Mann oder Frau – oder einfach Individuum
Wenn wir uns also die Frage stellen, ob Frauen im Outdoorsport anders als Männer wahrgenommen werden, müssen wir uns zuerst wohl eher die Darstellung des Outdoorsports an sich anschauen.
„Viele der Eigenschaften, die wir damit assoziieren, werden mit vermeintlich ‚typisch männlichen‘ Worten konnotiert. Furchtlosigkeit, Draufgängertum, Wagemut, Schmerzen, Gefahr… Allein unser Vokabular – Bezwingen! Erobern! Kämpfen! Gipfelsieg! – ist kriegerisch. Das hat viel mit unserer Kultur zu tun, in der Männer eben lange Zeit das Maß aller Dinge und außerdem die rechtmäßigen Streuner waren“, erklärt Weiß. „Es ist Teil unserer Geschichte, unserer Kultur.“
Bergzeit
Dabei sind heutzutage so viele Frauen wie nie in den Bergen unterwegs. Und keine Stereotype. Sondern einfach Individuen. Dicke, dünne, athletische, junge, alte, kurzhaarige, langhaarige. Whatever.
Wir sollten anfangen, uns selbst nicht ständig in Schubladen zu stecken.
Viel wichtiger ist es doch daran zu denken, was Outdoorsport kann und warum wir alle Outdoorsportler geworden sind: „Ich sehe allgemein ein riesiges Potenzial im Outdoorsport. Als Prävention oder zur Therapie von Depressionen, als Mittel zur Steigerung von Selbstbewusstsein, als Werkzeug für gesellschaftlichen Wandel. Menschen, die einmal ihr Talent und ihre Selbstwirksamkeit im Outdoorsport erlebt haben, tragen diese Erlebnisse und Gefühle auch in ihr Alltagsleben“, erklärt Weiß.
Und wer kennt das nicht? Wenn man Selbstbewusstsein im eigenen Sport gesammelt hat, kann man das auch in den Alltag tragen und zufriedener und offener durch die Welt gehen. Außerdem wollen wir doch alle gemeinsam als Berg- und Outdoorsportler nur eines: draußen sein in der Natur und den Sport machen, den wir lieben. Egal ob Frau oder Mann, rot- oder schwarzhaarig, jung oder alt, Klettererin oder Trailrunner.
Welche Erfahrungen hast Du als Outdoorsportlerin gemacht? Wir freuen uns über Deinen Kommentar.