Bergsport liegt im Trend, vegane Ernährung liegt im Trend und beides praktiziere ich mittlerweile seit einigen Jahren. Ich ernähre mich seit sechs oder sieben Jahren vegan. Bergsport betreibe ich seit ich parallel zum Gehenlernen auch auf Ski gestellt wurde. Der folgende Beitrag soll jetzt aber weder ein Plädoyer für Veganismus noch Bergsport werden. Es soll vielmehr ein paar praktische Tipps und Denkanstöße geben, um beides nachhaltig und mit Spaß zu verbinden. Denn das geht sehr gut, auch wenn es mit Sicherheit ein paar Komforteinbußen gibt.
Kurzer Disclaimer vorweg: Ich bin kein Arzt. Mein Wissen über Ernährung kommt von einem Fernstudium und diversen Modulen meiner Trainerausbildung. Also bevor Du irgendwas Verrücktes ausprobierst, halte bitte im Zweifelsfall Rücksprache mit deinem Arzt. Ansonsten sind die Empfehlungen der DGE immer eine gute Richtlinie. Bist Du lesebegeistert und möchtest Dich über vegane Ernährung für Sportler und Sportlerinnen informieren, kann ich diesen Artikel wärmstens empfehlen: Vegan diets: practical advice for athletes and exercisers.
Wenn ich hier von Veganismus schreibe, meine ich ausschließlich pflanzliche Ernährung. Die Verwendung tierischer Produkte bei Bergsportschuhen, -kleidung und -ausrüstung wird bewusst ausgeklammert. Nicht, weil ich das uninteressant oder langweilig fände, ganz im Gegenteil sogar! Sondern, weil ich einfach zu wenig Ahnung davon habe.
Und zu guter Letzt: Mit Bergsport meine ich jede Aktivität oder Sportart am Berg, von Mountainbiken bis Wandern. Da ich allgemeine Tipps zu veganem Essen gebe, lassen sich diese leicht auf Deine Lieblingssportart übertragen.
Warum überhaupt vegan?
Mich vegan zu ernähren war vor allen Dingen eine ethische Entscheidung. Ich bin großer Tierfreund und der Meinung, dass Tiere heutzutage am meisten unter Überkonsum zu leiden haben. Ganz zu schweigen davon, dass Tiere für meine Mahlzeiten sterben müssen. Mein Gedanke war und ist dabei folgender: Es muss einfach nicht sein, tierische Produkte zu konsumieren, also kann ich sie auch einfach weglassen. Die positiven Einflüsse auf die Umwelt kamen dann noch ergänzend hinzu.
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Da ich allerdings schon vorher Sportler war, waren zu Beginn meine größten Bedenken, dass ich dann plötzlich nicht mehr so leistungsfähig bin oder dass ich mir auf lange Sicht durch irgendwelche Mangelerscheinungen Schaden zufüge.
Die Vorteile veganer Ernährung – wissenschaftlich erklärt
Jetzt bin ich aber überhaupt kein Fan von irgendwelchen Anekdoten, sondern suche wo ich nur kann nach Beweisen. Dabei gibt es schon zahlreiche Studien zu den Vorteilen einzelner (pflanzlicher) Lebensmittel (z.B. die rote Beete Studie), aber leider recht wenig zu genereller Leistungsfähigkeit oder Belastungsfähigkeit von Veganern.
Es finden sich zahlreiche Studien zur Gesundheit von Veganern und wie eine rein pflanzliche Nahrung Vorteile in Form von weniger oxidativem Stress, besseren Entzündungswerten, geringerem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes sowie niedrigerem Risiko am metabolischen Syndrom zu erkranken(1). Aber je intensiver die Sportart betrieben wird, desto weniger aussagekräftig wird die Studienlage.
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Was sich allerdings zusätzlich zu den überzeugenden Studien zur allgemeinen Gesundheit sagen lässt ist, dass vegan leben bei guter Ernährung eine gute Alternative zur Durchschnittsernährung sein kann und man nicht mit Leistungseinbußen rechnen muss (2) (3) (4).
Diese Punkte in Kombination mit einem ethischen Standpunkt, den allgemein gesundheitlichen Vorteilen und dem Umweltgedanken sind für mich mehr als ausreichende Gründe für jeden (Berg-) Sportler Veganismus zumindest einmal auszuprobieren. Auch wenn es für viele mit Sicherheit ein Bruch mit Traditionen bedeutet.
Veganer und Bergtradition – passt das überhaupt zusammen?
Diese Frage muss ich mit einem ziemlich unbefriedigendem „wahrscheinlich nicht“ beantworten. Zwar sind die Vorteile oder zumindest die Vereinbarkeit von Veganismus und Sport im Allgemeinen gut dokumentiert, aber wie sehr die alpine Kultur mit dem Konsum tierischer Produkte verwachsen ist, merkt man erst, wenn man auf diese Produkte verzichten will.
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Hüttenromantik geht Hand in Hand mit Kaiserschmarrn, Brettljause, Speck und Milch und Almwirtschaft ist nun mal zu einem großen Teil Weideviehwirtschaft. Meiner Meinung nach sollten sich (angehende) Veganer und Veganerinnen bewusst machen, dass wir hier die invasive Art sind. Was ich damit sagen möchte: Hab Geduld und Verständnis, dass das Angebot auf Berghütten oft nicht veganfreundlich ist. Dann liegt es an uns auf was Geeignetes (sprich: Brot) auszuweichen und/oder höflich (!!!) zu fragen. Die Betonung liegt hier auf höflich und ohne zu große Erwartungshaltung, denn so eine Hüttenlogistik ist auch ohne Soja-Latte aufwändig genug.
Veganes Essen auf der Hütte
(Vegan) Kochen lernen
Oft gibt es aber gar keine Hütten auf meinem Weg, daher muss ich mich meistens irgendwie selbst versorgen. Glücklicherweise kann man so gut wie überall vegane Riegel und transportierbare Knabbereien kaufen. Wer da nicht fündig werden sollte, kann immer auf (Trocken-)Obst und Nüsse zurückgreifen.
Das kann aber zugegebenermaßen sehr unbefriedigend sein, daher mein Tipp: Lerne Kochen oder bereite Deine eigenen Energieriegel etc. zu. Das ist so viel angenehmer als Fertignahrung und kann auch Spaß machen. Wer es besonders luxuriös möchte, kann gleich das Kochen auf (kleinen) Gaskochern üben, denn so lassen sich auch richtig ausgefallene vegane Gerichte unterwegs zubereiten.
Außerdem, und wie so oft, bei veganer Ernährung lohnt sich ein Blick nach Fernost. Veganes Sushi und Onigiri sind zum Beispiel relativ einfache und unglaublich gute selbstgemachte, leckere Mahlzeiten zum Mitnehmen.
Mut zur Lücke
Trotz alledem möchte ich hier nichts schönreden und ich glaube es ist auch sehr deutlich geworden, dass Veganismus am Berg nicht immer bequem ist. Allerdings kann es umso besser sein, wenn Du für Dich ausprobierst, was man alles Gutes selbst zubereiten und mitnehmen kann.
Manchmal hatte ich auch das Glück nach mitleidigen oder belustigten Blicken und Kommentaren zu meinen Hüttenmahlzeiten (sprich: Brot) extra Gerichte zubereitet zu bekommen. Daher der letzte Tipp: Geh unvoreingenommen an die Sache ran und gib Dich auch mit einfachen Sachen zufrieden – es kann immer noch Überraschungen geben.
(1) https://nutritionfacts.org/video/whole-beets-vs-juice-for-improving-athletic-performance/
(2) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6528342/
(3) https://journals.lww.com/acsm-csmr/Fulltext/2010/07000/Fueling_the_Vegetarian__Vegan__Athlete.13.aspx
(4) https://europepmc.org/article/MED/30513704#sec2-nutrients-10-01841