Inhalt
- Tag 1: Über die Sillianer Hütte zu den Hollbrucker Seen
- Tag 2: Durch Nebelschwaden zur Obstanserhütte
- Tag 3: Spontaner Umweg zu den Stuckenseen
- Tag 4: Mein erstes Mal Italien
- Tag 5: Frühzeitiger Abbruch wegen Zeitmangel
- Tourenfazit zum Karnischen Höhenweg
- Alle Infos und Tourdaten zum Karnischen Höhenweg
Italien? Nein, ich war noch nie in Italien! Ein Grund ist sicher meine chronische Infektion mit dem Nordlandvirus. Diese hat bis jetzt verhindert, dass es mich in die südlichen Alpen verschlagen hat. Das wird sich in den nächsten Tagen auf dem Karnischen Höhenweg (KHW 403) ändern, auch wenn ich sicher nur ein paar Meter auf italienischem Boden zurücklegen werde.
Das Ziel unserer fünftägigen Tour ist das Grenzgebirge Karnische Alpen, genauer gesagt der Karnische Höhenweg. Der 130 Kilometer lange Kammweg hat einen interessanten historischen Hintergrund: Im Ersten Weltkrieg verlief über die Karnischen Alpen die österreichisch-italienische Kriegsfront. Noch heute sind hier Spuren aus dieser Zeit sichtbar. Geschützstellungen, Stellungsgräben, Kasematten und Versorgungswege machen die Tour auf dem sogenannten Friedensweg zu einer Reise in die Vergangenheit.
Tag 1: Über die Sillianer Hütte zu den Hollbrucker Seen
Starten wollen wir in Sillian in Österreich, an der westlichen Grenze Osttirols – das Ende unserer Tour lassen wir offen und machen es von Wetter und Schneelage abhängig. Da uns die 1.300 Höhenmeter von Sillian bis zur Sillianer Hütte für den ersten Tag als zu viel erscheinen, beschließen wir, mit dem Auto die Forststraße bis zur Leckfeldalm zu fahren und es dort für die Tage zu parken. Diese Verkürzung mit dem Auto ist allerdings aufgrund der Weideeinrichtung mit etwas Vorsicht zu genießen! Mir hinterließ ein Rindvieh ein paar nette Erinnerungen an meiner Autotür.
Von der Leckfeldalm steigen wir recht leicht bis zur Sillianer Hütte (2.447 Meter) auf. Vorbei an wunderschönen blühenden Alpenrosen. Die Sillianer Hütte hat, wie die nächsten Hütten auf der Tour, noch bis zum Wochenende geschlossen. Vorteile: Wir werden wohl den Höhenweg für uns alleine haben, und wir dürfen im Zelt übernachten mit allen dazugehörenden Annehmlichkeiten.
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Wir lassen die Hütte hinter uns und laufen vorbei an alten Unterständen aus dem ersten Weltkrieg zu den Hollbrucker Seen, wo wir über Nacht bleiben werden. Das Wetter hält noch, auch wenn aus dem Tal immer wieder Nebelschwaden zu uns ziehen. Nach Zeltaufbau und Abendbrot gehen wir – wie immer auf Tour – sehr früh schlafen.
Tag 2: Durch Nebelschwaden zur Obstanserhütte
Der nächste Morgen beginnt so, wie der letzte Tag aufgehört hat: Der Nebel hat alle Gipfel im Griff. Zum Frühstück gibt es Porridge – warm, sättigend, geschmacklos und ein herrvoragender Energielieferant für einen guten Start in den Tag.
Der Weg führt uns an der Hollbrucker Spitze und einem Kriegerdenkmal vorbei. Es fängt an zu regnen und der Nebel verkürzt die Sicht auf ungefähr 100 Meter – kein toller Auftakt. Normalerweise sollte man bis zu den Drei Zinnen im Süden und zur Großglocknergruppe im Norden blicken können. Wir sind jedoch schon froh, wenn sich der Nebel lichtet und das nächste Tal zu erkennen ist. Hinzu kommt, dass nordseitig noch einige Schneefelder in den Steilhängen liegen, welche es zu queren gilt. Tag zwei fordert uns heraus.
Irgendwann merken wir, dass wir uns im Nebel verstiegen haben und weit vom Weg in Richtung Italien abgekommen sind. Dank GPS- Gerät finden wir aber schnell wieder die richtige Spur. So erreichen wir am frühen Nachmittag die Obstanserhütte – zwar ganz schön geschafft, aber glücklich!
Nachdem wir unser Zelt aufgebaut und unser Nachtlager mit Schlafsack und Isomatte gebettet haben, statten wir der Eishöhle kurz unterhalb der Hütte noch einen Besuch ab. Das 800 Meter lange Höhlensystem kann auf etwa 100 Meter begangen werden. Die komplette Decke ist vereist und der Boden von einem dicken Eispanzer überzogen. Es ist ein beeindruckendes Gefühl, im Lichtkegel der Lampe durch die Höhle zu schreiten. Leider kann man auf alten Fotos erkennen, dass auch hier der Permafrost langsam auf dem Rückzug ist.
Unglücklicherweise wird das Wetter nicht besser, am Abend beginnt es wieder zu regnen. Ich zweifle stark, ob wir nicht besser am nächsten Tag abbrechen sollten. Die Gipfel sind hier noch sehr schneebedeckt, und auf 2.500 Metern im Nebel rumkraxeln macht nur bedingt Spaß.
Tag 3: Spontaner Umweg zu den Stuckenseen
Wider Erwarten werden wir am nächsten Morgen von der Sonne begrüßt und starten nach dem Frühstück wieder motiviert in die nächste Etappe auf dem Karnischen Höhenweg. Normalerweise führt der Weg über Pfannspitze, Kinigat zur Standschützenhütte. Wir versuchen in die Scharte einzusteigen und lassen es bald bleiben. Der Weg ist im oberen Bereich noch voller Schnee und so kaum begehbar. Und einen Rutscher in 45 Grad steilem Gelände möchten wir eigentlich vermeiden.
Deshalb entscheiden uns für die Variante über Roßkopftörl und Tscharrhütte und bereuen es nicht, auch wenn dieser Weg deutlich mehr Höhenmeter bedeutet. Immer wieder beschweren sich Murmeltiere mit lautem Pfeifen über unsere Anwesenheit. Das Wetter hält diesmal und scheint noch besser zu werden. Wir beschließen bis zu den Stuckenseen zu laufen. Die Fotos, die wir noch machen, wirken fast kitschig wie aus dem Bilderbuch.
Tag 4: Mein erstes Mal Italien
Der vierte Tag führt uns über Heretriegel zur Porzehütte, wo man gerade dabei ist, alles für die Eröffnung am Wochenende herzurichten. Etwas unsicher, ob wir den Kammweg in Angriff nehmen sollen, steigen wir zum Tillicher Joch auf. Die Wolken ziehen etwas zu, es sieht nach Schauer aus.
Bis 1870 führte über das Joch ein in Vorzeiten wichtiger Handelsweg. Wohl eben wegen des leichten Übergangs wurde das Joch im Ersten Weltkrieg mit einigen Betonanlagen befestigt.
Weiter geht es aufwärts Richtung Bärenbadegg auf 2.431 Metern. Trittsicher und schwindelfrei sollte man auf dem kommenden Abschnitt schon sein, führt doch der Weg oftmals direkt ab Abgrund entlang. Ab Bärenbadegg geht es in einem ständigen Auf und Ab zum Winkler Joch. Die Kammlage gestattet uns heute ein wunderschönes Panorama mit Sicht auf die Sextner und Lienzer Dolomiten.
Wir wechseln sicher ein dutzend Mal die Grenze zwischen Österreich und Italien. So habe ich nun endlich also meinen Italienurlaub. Von der Porzehütte bis zum Hochweissteinhaus zieht sich der Weg normalerweise über acht bis neun Gehstunden, was für uns unmöglich zu schaffen ist! Da das Wetter ab Winkler Joch immer mehr zuzieht, beschließen wir, die Tour hier zu beenden und abzusteigen.
Weit unten im Tal an einem Bach auf einer Lichtung errichten wir unser Tipi und genießen den Rest von Sportnahrung
Tag 5: Frühzeitiger Abbruch wegen Zeitmangel
Wir laufen am nächsten Tag bis Obertilliach, wo wir dem ersten Bäcker einen Besuch abstatten. Capucchino und mehrere Kuchenstücke als Belohnung für die letzten Tage müssen einfach sein. Danach besteigen wir den Bus Richtung Sillian. Dort angekommen gebührt mir die Ehre des letzten Kraftaktes, um unser geparktes Auto 800 Höhenmeter weiter oben zu erreichen. Nur mit dem Nötigsten bepackt mache ich mich auf dem Weg, welcher mit 2.15 Stunden ausgeschrieben ist. Heute schaffe ich ihn in 1.10 Stunden. Puh! Da ist die erste Dusche zuhause nach fünf schweißtreibenden Tagen ein purer Genuss.
Tourenfazit zum Karnischen Höhenweg
Eine sehr lohnende Tour, welche auch in der Hauptsaison wenig frequentiert ist. Die Möglichkeit, nur einzelne Teile zu begehen und alle paar Stunden die Tour durch Abstieg ins Tal abzubrechen, ist sehr bequem, falls ein Notfall eintritt oder ein Wettersturz droht.
Alle Infos und Tourdaten zum Karnischen Höhenweg
Anmerkung: Aufgrund von Wetterverhältnissen sind wir vom Normalweg abgewichen und haben den Weg verkürzt. Folgend ist eine Variante mit acht Etappen beschrieben. Weitere Informationen findet Ihr hier.
- Start und Ziel: Sillian bis Arnoldstein (Osttirol)
- Anreise und Rückreise: Mit dem Auto direkt über Sillian an die Lechenalm (Vorsicht: Weideeinrichtung!) oder mit dem Bus nach Sillian und mit dem Hüttentaxi zur Leckfeldalm. Rückfahrt zum Auto mit dem Bus oder Bahn zurück nach Sillian und wieder mit dem Hüttentaxi oder zu Fuß zur Leckfeldalm. Planung der Rückfahrt zum Auto bestenfalls vor Aufbruch planen.
- Länge: ca. 150 Kilometer
- Etappen:
1. Leckfeldalm – Sillianer Hütte – Obstansersee Hütte (12 km, 1.100 hm bergauf, 600 hm bergab)
2. Obstansersee Hütte – Filmoorhütte – Porzehütte (13 km, 1.120 hm bergauf, 1.500 hm bergab),
3. Porzehütte – Hochweißsteinhaus (17 km, 1.200 hm bergauf, 1.300 hm bergab),
4. Hochweißsteinhaus – Wolayersee-Hütte (15 km, 800 hm bergauf, 700 hm bergab),
5. Wolayersee-Hütte – Untere Valentinalm – Zollnersee-Hütte (23 km, 1.600 hm bergauf, 1.800 hm bergab)
6. Zollnersee-Hütte – Alpenhof Plattner (24 km, 900 hm bergauf, 1.000 hm bergab)
7. Alpenhof Plattner – Gasthaus Starhand (23 km, 1.000 hm bergauf, 1.100 hm bergab)
8. Gasthaus Starhand – Thörl bei Arnoldstein (22 km, 900 hm bergauf, 1.700 hm bergab)
Hinweis: Entlang der Tour bieten sich einige anspruchsvolle Gipfelbesteigungen, wie der Große Kinigat, Filmoorhöhe oder Monte Perabla. Dazu empfiehlt es sich, eine Verlängerung von zwei bis drei Tagen einzuplanen mit zusätzlichen Übernachtungen auf der Filmoorhütte oder Unteren Valentinalm. - Empfohlene Jahreszeit: Sommer (Juni bis September)
- Charakter und Schwierigkeit: Eine sehr lohnende Tour, welche auch in der Hauptsaison wenig frequentiert ist. Die zahlreichen Hütten entlang des Weges bieten verschiedene Varianten der Etappen passend zur jeweiligen Kondition an. Wichtig ist hier, die Öffnungszeiten der Hütten zu checken. Zudem ist die Möglichkeit, alle paar Stunden die Tour durch Abstieg ins Tal abzubrechen, sehr bequem, falls ein Notfall eintritt oder ein Wettersturz droht.
- Literatur/Karten: Rother: Karnischer Höhenweg, Kompass: WK60 Gailtaler Alpen – Karnische Alpen – Oberdrau
- Wanderungausrüstung für die Tour: